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Berlin: Im Brauseschritt

Der Pole Lukasz Balter war das Coca-Cola-Gesicht Osteuropas. Doch irgendwann hatte er genug davon – und zog nach Berlin

Nach Lukasz Balter hat sich schon halb Europa den Kopf verdreht. Denn der 23Jährige war das Gesicht von Coca Cola – jenseits von Oder und Neiße. Die Plakate, auf denen Lukasz lässig Limo trinkt, klebten von Prag über Sofia bis nach Tallinn. Auf der Straße daheim in Warschau guckten ihn die Passanten bisweilen groß an – anders als in Berlin, wo er inzwischen lebt.

Aber Lukasz scheint das zu genießen. „Ich wollte eigentlich nie Model werden.“ Vor rund drei Jahren war er beim Spazierengehen in seiner Heimatstadt Warschau angesprochen worden. Ein Mann lud ihn zum Casting ein. Ein halbes Jahr später war er der Coca-Cola-Mann. „Der Job als Model hat mir viel ermöglicht“, sagt er. „Ich war in Mailand und Paris und hatte manchmal sehr viel Geld. Davon konnte ich es mir leisten, in der Welt umherzureisen. Das hätte ich sonst nicht bezahlen können.“ Trotz allem hatte Lukasz eines Tages genug davon. „Ich musste eine Menge Blödsinn machen, auf Castings wurde jeder Körperteil beäugt. Darauf hatte ich keine Lust mehr.“ Zudem forderte ihn sein Studium: Journalismus und Internationale Beziehungen.

Seit Januar lebt Lukasz nun in Berlin, gemeinsam mit einem deutschen Freund an der Schönhauser Allee. „Wenn ich es in Deutschland schaffe zu arbeiten und hier vielleicht sogar noch ein zweites Studium beginnen kann, dann steigen meine Chancen, dass ich in ganz Europa einen Job finde.“ Vormittags lernt er jetzt Deutsch an einer Sprachschule in Kreuzberg. Dann fährt er zu seinem Praktikum bei der PR-Agentur Publicis nach Mitte. Unterwegs kauft er sich eine Kleinigkeit zu essen und Unmengen Süßigkeiten. Seinem Körper können die Kalorienbomben nicht viel anhaben, denn abends stählt sich der 23-Jährige im Fitnessstudio.

Lukasz fühlt sich wohl in Berlin. Die Menschen seien freundlicher als man ihm in Warschau erzählt habe. „Die meisten Leute nehmen sich Zeit, wenn sie bemerken, dass es mit meinem Deutsch noch nicht ganz glatt geht“, sagt er. Die Berliner hätten außerdem mehr Energie als seine Warschauer Bekannten. Ablehnung oder Vorurteile habe er in Berlin nicht erfahren. „Nur einmal im Unterricht an der Sprachschule habe ich mich geärgert. Der Lehrer sprach von Europa und vergaß einfach Polen.“

In ein paar Tagen wird er nach Hause fahren. Seine Mutter habe vor Freude geweint, als er sie anrief und seinen Besuch ankündigte, erzählt Lukasz. Er freut sich auf Zuhause, seine Familie und seine Freunde. Außerdem hat einen Termin an der Uni. Denn sein Studium in Warschau ist fast zu Ende. Ihm fehlt nur noch die Diplomarbeit. Und die will er am liebsten in Berlin schreiben, über deutsche Tageszeitungen. msch

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