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Berlin: Im Drogenrausch entführte Dennis seine Halbschwester aus der Kita Die Kleine blieb unverletzt. Ihr Vater ging auf die Erzieherinnen los

Die Zwischentüren zur Kindertagesstätte der Kirchengemeinde Genezareth in der Neuköllner Allerstraße sind verschlossen. Jeder, der hinein möchte, muss klingeln.

Die Zwischentüren zur Kindertagesstätte der Kirchengemeinde Genezareth in der Neuköllner Allerstraße sind verschlossen. Jeder, der hinein möchte, muss klingeln. Die Erzieherinnen vergewissern sich neuerdings ganz genau, wer die Kita betritt.

Am Montag hatte der 21-Jährige Dennis S., höchstwahrscheinlich im Drogenrausch, seine Halbschwester Elisabeth O., 3, kurzzeitig aus der Kita entführt. Gegen ihn wird nun wegen Kindesentziehung ermittelt. Der Tag wurde für die Erzieherinnen zum Albtraum. Die Leiterin der Kita, Dorothee Meyer, schildert die Ereignisse:

Montagvormittag, kurz vor elf Uhr. Dennis S. kommt in die Kita und fragt nach Elisabeth. Die ist mit einigen anderen Kindern nebenan im Gemeindehaus beim Musikunterricht. Dennis S. geht in den Musiksaal, schaut ein wenig zu. Plötzlich springt er auf, verlangt von den drei Lehrerinnen, dass Elisabeth mit ihm kommen darf. „Meine Kollegin hat sich geweigert und ihn gebeten, bis zum Ende der Stunde zu warten“, sagt Dorothee Meyer. Dennis S. dreht durch. Er schubst die Lehrerin so heftig, dass sie zu Boden fällt, schnappt sich seine Halbschwester, tritt die hintere Tür des Musikraumes ein und rennt auf die Straße. Eine Passantin soll gesehen haben, dass Dennis S. sogar ein Küchenmesser in der Hand hält, als er mit Elisabeth in ein Auto steigt und davonfährt.

Die Mutter von Dennis und Elisabeth, Christa O., eilt wenig später zur Kita. „Ich habe gesehen, dass ein Messer aus meiner Schublade fehlt“, sagt sie am Tag nach der Entführung. Dennis habe unsinniges Zeug geredet. „Er war im Drogenrausch, das stimmt. Er hat gefaselt, dass er die Kleine retten müsste. Dennis ist leider in schlechte Kreise geraten und nimmt seit kurzem Kokain und Ecstasy“, sagt die Mutter.

Knapp zwei Stunden bleibt Elisabeth verschwunden. Dann entdeckt eine alte Frau das Mädchen in der Oderstraße, nahe der Kita. Wo Dennis S. mit seiner Halbschwester war und was er mit ihr gemacht hat, konnte die Polizei gestern nicht sagen. „Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass er sie misshandelt hat“, sagt ein Polizeisprecher.

In der Zeit, in der Elisabeth fort war, entgehen die Erzieherinnen „um Haaresbreite einer Attacke“, sagt Dorothee Meyer. Denn Elisabeths Vater, Osasetin O., schäumt vor Wut. Grund: Die Erzieherinnen hätten nicht genug auf seine Tochter aufgepasst. „Er hat gegen die Türen getreten und wollte auf meine Kollegin losgehen. Nur die Polizeibeamten konnten ihn davon abbringen“, erzählt die Kita-Leiterin. „Wir hatten aber eine Erlaubnis der Mutter, dass Dennis seine Halbschwester zur Kita bringen und auch abholen darf“, sagt Dorothee Meyer. „Das hat Dennis auch schon oft gemacht. Wir empfanden ihn als ruhigen, besonnenen, jungen Mann.“

Erst kürzlich sei Dennis in der Türkei gewesen und habe den Kindern Armbänder und andere Kleinigkeiten mitgebracht. Doch die Familienverhältnisse, in denen Elisabeth mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Mina aufwächst, beschreibt die Kita-Leiterin als „schwierig“. Die Familie sei dem Jugendamt bekannt. „Die Mutter hat mehrere Kinder von verschiedenen Vätern. Wir blicken selbst nicht richtig durch, wer für welches Kind verantwortlich ist.“ Sie kritisiert, dass die Mutter von Elisabeth den Erzieherinnen nicht mitgeteilt hat, dass ihr Sohn Drogen nimmt. „Warum hat sie uns das nicht gesagt, wenn sie weiß, dass Dennis im Rausch ausrastet?“

Nun überlegen die Erzieherinnen gemeinsam mit dem Gemeinderat, ob sie Elisabeth und Mina O. nach diesem Vorfall weiter betreuen werden. „Wir denken sehr genau an die Kinder, die nichts dafür können. Aber so eine massive Gewaltandrohung haben wir auch noch nicht erlebt und müssen das erst einmal verkraften“, sagt die Leiterin.

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