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Berlin: Im Februar machen die Ärzte ihre Praxen wieder dicht

Aktionen gegen „Einheitsvergütung“ zogen weit mehr Teilnehmer an als Veranstalter erwartet hatten

Die Berliner Ärzte werden in der Woche vom 6. bis 10. Februar aus Protest gegen die Gesundheitspolitik ihre Praxen für jeweils zwei Tage schließen. Das beschloss die Vollversammlung der Kassenmediziner nach kontroverser Debatte am späten Mittwochabend in der Technischen Universität. In dieser Protestwoche werden die Praxen der Nordbezirke Berlins flächendeckend am Montag und Dienstag geschlossen bleiben und Donnerstag und Freitag im Süden. In dieser Zeit werden die Mediziner an einer zweitägigen Fortbildungsveranstaltung teilnehmen. Ob der Streik tatsächlich flächendeckend befolgt wird, ist jedoch fraglich. Bei der Versammlung waren nur etwa 400 von 8000 Berliner Kassenärzten anwesend.

Die Protestaktionen hatten vormittags begonnen: Schon um 11.30 Uhr war die Hitze im Großen Saal des Hotels Maritim an der Stauffenbergstraße erdrückend. Ohmachtsgefahr in der Menschenmenge. Die meisten waren winterfest gekleidet – bereit für den Marsch durch die Kälte.

Und der Saal füllte sich weiter. Wer jetzt zusammenklappte, konnte sich auf schnelle Hilfe verlassen: Bis auf ein paar Hotelangestellte und Journalisten war hier jeder Arzt. Aus ganz Deutschland waren sie nach Berlin gekommen, hatten ihre Praxen geschlossen und waren dem Aufruf der rund 40 Ärzteverbände gefolgt. Am „Tag der Ärzte“ demonstrierten sie bundesweit gegen Missstände im Gesundheitssystem, die sich unmittelbar auf ihren Arbeitsalltag auswirken. „Zuerst stirbt die Praxis – dann der Patient“ und „Kranke Reformer heilen keine Patienten“ – die Sprüche auf den selbstbemalten Protestschildern waren vielfältig, aber eindeutig. Die Stimmung heizte sich weiter auf: „Wir wollen nicht länger auf dem Rücken unserer Patienten staatliche Rationierung durchführen müssen“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe zum Auftakt – und die Menge tobte. Vor Zuspruch.

Um 11.50 Uhr musste das Hotel seine Türen schließen. Fassungsvermögen ausgeschöpft. 6000 Menschen sollten zu diesem Zeitpunkt in den Hallen sein. Florian Altvater hatte Glück. Der junge Hautarzt aus Bremen war rechtzeitig da und stand nun im warmen Hotelsaal. „Immer mehr leisten und immer weniger bezahlen – die Rechnung geht nicht auf“ stand auf seinem Transparent. Seit neun Jahren ist er in Bremen niedergelassen. „Seither hat der bürokratische Aufwand in meiner Praxis stetig zugenommen“, klagte er.

„Wirklich Kranke sind absolut unwirtschaftlich für eine Praxis“, sagte sein Kollege Eckhardt Lindner aus Falkensee und lachte ein bisschen bitter, als er vorschlug: „Am besten schleust man möglichst viele Kinder mit Erkältung durch – dann kann man seine Einnahmen vielleicht machen.“ In Brandenburg blieben am Mittwoch etwa zwei Drittel der rund 3000 Arztpraxen geschlossen.

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