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Berlin: Im Kanu zu den Kranichen

Raus aus der Stadt zu den Zugvögeln: 100 Kilometer von Berlin findet ein besonderes Naturereignis statt

Gartz – Der Weg zu den Schlafplätzen der Kraniche verlangt Fingerspitzengefühl. Denn im Zickzackkurs muss das Kanu zwischen Wurzeln und ins Wasser hineinragenden Ästen bugsiert werden. Das klappt nicht immer auf Anhieb, so dass der Weg mitunter nur nach mehreren Anläufen zu schaffen ist.

„Genau diese Abgeschiedenheit lieben die Vögel“, sagt die Landschaftsführerin Frauke Bennett, die die kleine Gruppe von drei Canadierbooten durch das wie ein Labyrinth anmutende Oderdelta im deutsch-polnischen Grenzgebiet bei Gartz leitet. Über 100 Kilometer sind es von hier bis nach Berlin. Viel näher liegt da die Großstadt Stettin, deren Hochhäuser vom Oderdeich schon mit bloßem Auge zu erkennen sind. „Dennoch ist das Revier hier so abgeschieden vom menschlichen Leben, dass sich die Tier- und Pflanzenwelt ungestört entwickeln kann“, sagt Bennett. Selbst diese Fahrten in den polnischen Teil des grenzüberschreitenden Naturschutzgebietes finden nur selten statt. Bis zum 9. Oktober bietet sich für alle Touristen aber nun täglich die Chance dafür.

Die nunmehr 6. Kranichwoche im Internationalpark Unteres Odertal mit zahlreichen Angeboten rund um die jetzt wieder zu Hunderten hier rastenden „Vögel des Glücks“ macht die beeindruckenden Ausflüge möglich. „Wir fahren mit den Booten aber nicht direkt zu den Kranichen. Denn die fressen sich ja tagsüber auf den Feldern auf deutscher Seite ihre Reserven für den Weiterflug nach Süden an und kehren erst in der Abenddämmerung zu ihren Schlafplätzen auf den durchnässten Wiesen zwischen den Oderarmen zurück.“ Dort stünden sie dann 20 bis 30 Zentimeter im Wasser, um sich so vor Füchsen, Dachsen und anderen Tieren zu schützen. So nah komme man sonst den Übernachtungsplätzen nie.

Unterwegs bleibt die Fahrt nicht nur wegen der Urwaldatmosphäre spannend. Biberburgen säumen den Weg, und in einem Baum sitzt ein Seeadler, der sich beim Näherkommen zusammen mit Stockenten mit seinen großen Flügeln stolz in die Lüfte erhebt. Immer wieder zieht die Landschaftsführerin die Boote zusammen, um auf leicht verständliche Art über Flora und Fauna zu erzählen. Kurz nach dem Mittag recken sich alle Hälse nach oben. Mit Trompetenstößen am Himmel künden Neuankömmlinge aus Skandinavien und dem Baltikum ihre zwei- bis dreiwöchige Rast im Unteren Odertal an. Bis zu den ersten Nachtfrösten Ende November werden die imposanten Vögel hier und an vielen anderen Brandenburger Orten zu beobachten sein. Claus-Dieter Steyer

In der Kranichwoche werden bis zum 9. Oktober in Gartz täglich Kanuausflüge (11 Uhr ab Bollwerk) sowie Exkursionen mit der Naturwacht (6.30 und 17 Uhr ab Café Zum Mühlenteich) und Beobachtungen vom Gartzer Kirchturm (um 17.30 Uhr) angeboten. Weitere Informationen unter Tel. 0172/ 3875 390 und www.nationalpark-unteres-odertal.eu

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