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Berlin: Im Prozess um Anschlag auf das Maison de France lebenslange Strafe gefordert

Das Schlusswort zu Johannes Weinrich fiel nach etwa einer Stunde, aber es fiel nicht überraschend aus. Im Prozess um den Bombenanschlag auf das Maison de France forderte der Staatsanwalt am Montag für den mutmaßlichen Terroristen eine lebenslange Haftstrafe.

Das Schlusswort zu Johannes Weinrich fiel nach etwa einer Stunde, aber es fiel nicht überraschend aus. Im Prozess um den Bombenanschlag auf das Maison de France forderte der Staatsanwalt am Montag für den mutmaßlichen Terroristen eine lebenslange Haftstrafe. Es sei "über jeden Zweifel hinaus" bewiesen, dass Weinrich in einem an "Größenwahn grenzenden Privatkrieg" das Attentat geplant und organisiert habe. "Der Anschlag auf das Kulturzentrum war menschenverachtend, heimtückisch und an Feigheit kaum zu überbieten", sagte Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis nach fast vierjähriger Prozessdauer im Saal 700 des Berliner Landgerichts.

Der hinter Panzerglas sitzende Weinrich nahm die Worte des Anklägers schweigend und mit unbewegter Miene hin - auch als Mehlis beantragte, eine besondere Schwere der Schuld festzustellen, so dass der 52-Jährige keine Aussicht auf Haftentlassung nach 15 Jahren habe. Bei dem wegen Beihilfe zum Mord angeklagten ehemaligen syrischen Diplomaten Nabil Shritah verlangte der Ankläger am 179. Verhandlungstag eine zweijährige Bewährungsstrafe. Der 49-Jährige hatte gestanden, Weinrich am Tattag etwa 24 Kilogramm Sprengstoff ausgehändigt zu haben. Bei dem Terroranschlag waren 1983 ein junger Mann getötet und 23 Menschen zum Teil schwer verletzt worden.

Der "Privatkrieg" von Weinrich und seinen Komplizen begann laut Anklage, als Anfang der 80er Jahre die Geliebte des inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilten Top-Terroristen Carlos in Paris festgenommen wurde. "Die Bande drehte regelrecht durch", sagt Mehlis. Weinrich, der die rechte Hand von Ilich Ramirez Sanchez alias Carlos gewesen sein soll, habe den Plastiksprengstoff nach Ost-Berlin bringen lassen und ihn nach der vorübergehenden Beschlagnahme durch die DDR-Staatssicherheit in der syrischen Botschaft zwischengelagert. Ein Mittelsmann habe dann den Sprengstoff in dem Haus am Kurfürstendamm deponiert.

Weinrich hatte in den 60er Jahren in Frankfurt am Main Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg organisiert. Über die "Revolutionären Zellen" soll er sich der Terrorgruppe um Carlos angeschlossen haben. Nach Mehlis Worten hielt sich die Gruppe mit Duldung der Staatssicherheit und anderer Geheimdienste im Ostblock auf. Die syrische Regierung habe sich die Terroristen im Kampf gegen Israel zu Verbündeten gemacht. Weinrich soll einen syrischen Diplomatenpass besessen und Anfang der 90er Jahre noch unbehelligt in Damaskus gelebt haben. Gefasst wurde er 1995 in Jemen.

Mit einem Urteil zum Anschlag auf das Maison de France rechnen die Prozessbeteiligten Anfang des kommenden Jahres. Neben dem Berliner Anschlag wird Weinrich aber noch weiterer Attentate verdächtigt. Im Jahre 1975 soll er an den Sprengstoffanschlägen auf ein israelisches Passagierflugzeug auf dem Pariser Flughafen Orly und 1981 auf den Sender "Radio Free Europe" in München und beim Attentat auf den saudiarabischen Botschafter 1983 in Athen beteiligt gewesen sein. Die Anklage dazu will Mehlis im Winter fertig haben.

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