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West-Opfer. 1993 protestierten Theaterleute und Publikum gegen die Schließung des Schillertheaters – vergebens. Foto: Ullstein

© ullstein bild - Tollkühn

IM RÜCKBLICK: Berlins Theater: Das neue Stück hieß Wende

DER VORHANG FÄLLT Noch gab es die DDR, als Heiner Müller 1990 mit seiner vielstündigen Inszenierung von „Hamlet“ und „Hamletmaschine“ am Deutschen Theater die Zerrissenheit des Menschen und die Heillosigkeit der Welt zum Ereignis machte. Wende, Umsturz, Gefahr, aber auch Standhalten – Müller nahm vorweg, was im geteilten Berlin sich Bahn brechen sollte.

DER VORHANG FÄLLT

Noch gab es die DDR, als Heiner Müller 1990 mit seiner vielstündigen Inszenierung von „Hamlet“ und „Hamletmaschine“ am Deutschen Theater die Zerrissenheit des Menschen und die Heillosigkeit der Welt zum Ereignis machte. Wende, Umsturz, Gefahr, aber auch Standhalten – Müller nahm vorweg, was im geteilten Berlin sich Bahn brechen sollte. Auf einen mitreißenden Wettbewerb zwischen dem Deutschen Theater (Ost) und dem Schiller Theater (West) hatten sich Besucher aus beiden Teilen der Stadt Anfang der neunziger Jahre gefreut. Mit Alexander Lang, Angelica Domröse, Hilmar Thate arbeiteten am Schiller Theater Künstler, die von Ost nach West gegangen waren und nun alte und neue Erfahrungen mit kritischer Theaterarbeit hätten ausleben können. Doch daraus wurde nach kaum geglückten Anfängen nichts. 1993 schloss der Berliner Senat das Schiller Theater und das dazugehörende Schlosspark-Theater, auch die Freie Volksbühne war nicht zu halten.

DIE WESSIS KOMMEN

Andere Entwicklungen verliefen erfolgreicher. Thomas Ostermeier, an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ im Osten ausgebildet, übernahm 1999, zunächst gemeinsam mit der Choreographin Sasha Waltz, die Schaubühne am Lehniner Platz und machte sie zu einem Leuchtturm. Frank Castorf steuert die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, den Theatertanker „Ost“, seit 1992 unbeirrt durch stürmische See, erspielte mit seinem Ensemble Erfolg auf Erfolg. Im Berliner Ensemble sorgt seit 1999 Claus Peymann, aus Wien gekommen, für eine eigensinnige Bewahrung des Brecht-Erbes. Und auch im Deutschen Theater und im Maxim Gorki Theater gelang nach mancherlei Konflikten die Verknüpfung zwischen den unter widersprüchlichen gesellschaftlichen Bedingungen gewachsenen Theaterkulturen in West und Ost. Bernd Wilms, vorher in Ulm, führte das Reinhardt-Theater mit jungen Regisseuren und Schauspielern von 2001 bis 2008 zu hoch geachteten Leistungen, am Gorki gelang der Umbau des Ensembles mit wechselndem Erfolg unter den West-Intendanten Wilms und Volker Hesse. 2006 übernahm der in der DDR aufgewachsene Regisseur und Stückeschreiber Armin Petras die Leitung.

DIE NEUE ORDNUNG

Glatt ging das alles nicht vonstatten. Sakrosankte Strukturen, die in den Ostberliner Theatern bis in die ersten Jahre nach der Wiedervereinigung herrschten, mussten aufgebrochen und geändert werden. Lebenslange Engagements verloren ihre rechtliche Grundlage, das DDR-Prinzip der Unkündbarkeit musste den Bedingungen des Marktes weichen. Neue Theaterleiter stellten sich Ensembles nach ihren Überzeugungen zusammen, Ensembles, die oft nur wenige Jahre zusammenblieben, dafür aber, wenn alles gut ging, Frische bewahrten, die Neugier steigerten. Soziale Härten blieben bei alldem aber nicht aus.

Christoph Funke

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