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Achtung! Eine Kleingartenanlage in Berlin-Wilmersdorf, Teile wurden schon bebaut.

© Kitty Kleist-Heinrich

Neues Volksbegehren vielleicht schon im Sommer: Grüne wollen Berlins Kleingärten mit Zehn-Punkte-Plan retten

Änderungen im Planungsrecht soll Schrebergärten erhalten. SPD und Linke wollen sie anders schützen. Ein mögliches Volksbegehren setzt die Koalition unter Druck.

Berlins Grüne wollen die Kleingärten der Stadt mit einem Zehn-Punkte-Plan langfristig vor Verdrängung schützen. Die SPD will dagegen weiter an einem Kleingartenflächensicherungsgesetz festhalten. Das hat der Fraktionsvorstand am Dienstag einstimmig beschlossen. Der Streit darum, wie die Kleingärten letztlich geschützt werden, geht damit in die nächste Runde.

Am Mittwochvormittag stellten die Co-Fraktionsvorsitzende Silke Gebel, der umweltpolitische Sprecher Turgut Altug und die stadtentwicklungspolitische Sprecherin Daniela Billig ihr Papier vor. Die Partei reagiert damit auf das von ihnen beauftragte wissenschaftliche Gutachten, das eine dauerhafte Sicherung aller Gärten per Gesetz durch das Land Berlin nahezu ausgeschlossen hatte.

Die Grünen wollen die 71.000 Parzellen in Berlin nun vor allem durch planungsrechtliche Instrumente bewahren. Sie sollen im Berliner Flächennutzungsplan als Grünflächen ausgewiesen werden, forderten die Grünen in Richtung der Stadtentwicklungsverwaltung von Linken-Senator Sebastian Scheel.

Bebauungspläne, die einer dauerhaften Nutzung als Kleingarten im Weg stehen, sollten geändert werden - besonders bei Flächen, die nicht ohnehin schon dem Land gehören. Das gilt für etwa vier Prozent der Kleingärten. Für rund zehn Prozent auf Landesflächen existieren ebenfalls Bebauungspläne. Hier gibt es aber durch den Kleingartenentwicklungsplan (KEP) bereits eine Schutzfrist bis 2030. Bis Ende Juni 2021 soll eine Übersicht über die umzuwidmenden Flächen erstellt werden.

Außerdem wird die Finanzverwaltung aufgefordert zu prüfen, was ein Erwerb von Kleingartenflächen, die bisher in Privatbesitz sind, kosten würde. "Sie ist ferner aufgefordert mit der Deutschen Bundesbahn in Gespräche zu treten, um über einen Ankauf von Kleingartenanlagen aus dem Portfolio der Deutschen Bundesbahn zu verhandeln", heißt es weiter. Die meisten Kleingärten im Privatbesitz befinden sich nämlich in der Nähe von Gleistrassen.

Kleingärten sollen nicht mehr so exklusiv sein

In neuen Stadtquartieren sollen Flächen für Kleingärten explizit mitgeplant werden. Im Gegenzug fordern die Grünen eine Öffnung der Kleingartenanlagen: Sie sollen weniger exklusiv sein und Orte für die Allgemeinheit werden, auch die Biodiversität muss erhöht werden. In diesem Punkt sind sich die drei Koalitionsparteien immerhin einig.

Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, gehen die Pläne der Grünen nicht weit genug. "Wir wollen alle eine deutlich stärkere Sicherung der Berliner Kleingärten. Das geht am besten mit einem richtigen Gesetz anstatt eines unverbindlichen Parlamentsantrags." Im aktuellen Entwurf des Gesetzes seien die Kritikpunkte der Senatsverwaltungen und des parlamentarischen Dienstes bereits berücksichtigt und rechtssichere Formulierungen gefunden worden, sagt Buchholz.

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Ein Gutachten, beauftragt von den Grünen, war zuvor zu dem Ergebnis gekommen, dass das Bundeskleingartengesetz bereits abschließende Regelungen getroffen habe - und das Land nicht zuständig wäre. Etwa, wenn es darum geht, ob man das Land dazu verpflichten kann, Ersatzflächen bereitzustellen, wenn Parzellen für andere Zwecke genutzt werden.

Auch die Linkspartei will am Gesetz festhalten

Auch die Linkspartei will an einem Kleingartenflächensicherungsgesetz festhalten und hat nun ein eigenes Gutachten beauftragt. "Auf Anregung aus Berliner Kleingartenverbänden hat die Linksfraktion im vergangenen Jahr einen Entwurf für ein Kleingartenflächensicherungsgesetz zur Beratung in den Koalitionsfraktionen eingebracht", sagte der Co-Fraktionsvorsitzende Carsten Schatz am Mittwoch. Die Beratungen seien noch nicht abgeschlossen, aber eine gesetzliche Regelung bleibe das Ziel.

Mit dem bisherigen KEP wären rund 80 Prozent der Parzellen bis 2030 gesichert. Für weitere zehn Prozent existieren bereits Bebauungspläne. Doch auch ihnen wird bis 2030 eine Schutzfrist gewährt. 

Nicht gesichert werden kann bislang ein minimaler Prozentsatz, der für den Ausbau von Kitas und Schulen benötigt wird, sowie Parzellen auf Privatgrundstücken, das sind knapp vier Prozent. Genau das wollen SPD und Linke ändern – und wollen den KEP mit einem Landesgesetz zur Sicherung aller Gärten verknüpfen. Sie argumentieren: Der KEP sei lediglich eine Art Selbstverpflichtung des Senats, kein wirklicher Rechtsschutz.

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SPD und Linke wollen ein mögliches Gesetz noch in dieser Legislatur beschließen, also bis September. Im Sommer könnte es nämlich ein weiteres Volksbegehren zum Erhalt der städtischen Grünflächen, das den Druck auf die Koalition erhöhen würde. "Wir sondieren gerade mit anderen Verbänden, was die Eckpunkte eines solchen Vorstoßes sein könnten", sagte Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND in Berlin.

Aus seiner Sicht komme es vor allem darauf an, die Flächenversiegelung bis 2030 auf Nettonull zu senken. Das bedeutet, dass weiter gebaut werden dürfe, aber grüne Ausgleichsflächen geschaffen werden. "Wir müssen aufhören, scheibchenweise die Stadt einzubetonieren", sagte Heuser. Man müsse wegkommen von der Diskussion um Einzelflächen wie dem Tempelhofer Feld und eine strategische und verbindliche Planung für gesamte Stadt entwickeln.

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