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Berlin: Im Team erfolgreich sein

Ein solider Gottesdienst in der Sophienkirche in Mitte

In 1370 evangelischen Kirchen in Berlin und Brandenburg wurden gestern neue Gemeindekirchenräte gewählt. Sie bestimmen für die nächsten sechs Jahre die Arbeit dort, die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind gar nicht mehr wegzudenken. Nach wie vor ist aber der Gottesdienst das Herzstück aller kirchlichen Arbeit.

Aus der Herbstsonne kommend betreten wir kurz vor zehn Uhr die etwas dunkle, zu zwei Dritteln gefüllte Sophienkirche in Mitte. Und schon die erste Überraschung: Menschen aller Altersklassen, selbst die sonst so spärlich vertretene Generation der 15 bis 50-Jährigen, sind gekommen. Es herrscht eine lebendige Atmosphäre, nicht zuletzt wegen der vielen Kinder. Neben der Arbeit mit Kindern legt man hier offenbar Wert auf das Feiern des Gottesdienstes: Chor, Organist, Lektoren und Pfarrer harmonieren und schaffen einen Rahmen, ohne den ein Kunstwerk genauso wenig auskommt wie ein Gottesdienst. Doch ein Gottesdienst braucht mehr: Orientierung, eine Mitte, einen roten Faden. Sonst ist das Mitfeiern schwierig, gerade für diejenigen, die nicht jeden Sonntag in der Kirchenbank sitzen. Ohne Psalmbuch und Eindeutigkeit beim Singen, Beten oder Hinsetzen fühlt man sich selbst in dieser so vollen Kirche ziemlich allein.

Die Stärke von Pfarrer Hartmut Scheel liegt darin, dass er die Leute persönlich anspricht, sich seine eigenen Gedanken zu den Bibelstellen macht und seine Predigt klar strukturiert. Außerdem stimmt er den Inhalt des Fürbittengebets genau auf die Predigt ab. So gelingt ihm, mit seinen Hörern Verbindung aufzunehmen.

Die Predigt hat einen roten Faden, indem sie Aufgaben der Gemeinde bei Paulus mit der Situation unserer heutigen Gemeinden vergleicht und dabei betont, dass sich alteingesessene Mitglieder und dazugekommene aufeinander einstellen müssen, um miteinander etwas auf die Beine zu bringen – von der Feier jedes Gottesdienstes bis zur Gemeindekirchenratswahl. Der rote Faden in der Liturgie wird nur dann sichtbar, wenn in ihr Gefühl und Form immer wieder neu verbunden sind, ohne zur Routine zu werden. Hier hätte man näher an die Hörer herankommen können.

Die Besucher hatten nachher einen klaren Eindruck: Der Gottesdienst war gehaltvoll, die Zutaten waren lutherisch solide, alle Mitwirkenden sehr engagiert. Wäre dies eine Restaurantkritik, müsste man aber sagen: Eine Hilfe beim Lesen der Speisekarte und eine Prise vom Salz des Lebens hätten nicht geschadet. cz/no

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