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Berlin: Im Zeichen des Totenkopfs

In Berlin hat der erste Fanshop des FC St. Pauli aufgemacht

Am besten laufen momentan die Babysachen. „Lätzchen, Schnuller und Strampelhosen sind beliebte Geschenke bei Eltern“, sagt Christian Raschke. Der 47-Jährige sieht eigentlich nicht so aus, als ob er ein übertriebenes Faible für Kleinstkinder hätte. Hauptsächlich verkauft er dunkle Bekleidung und Fanartikel mit einem Totenkopf darauf.

Seit Mitte Dezember macht Raschke seinen Status als FC St. Pauli-Fan öffentlich. Der Berliner betreibt in der Hertha-Stadt den ersten St. Pauli-Fanshop „fan tastic“: in Kreuzberg, Oranienstraße 29. Allerdings scheint dieser Ort bei den Fans des Fußballklubs aus dem gleichnamigen Hamburger Stadtteil noch Verwirrung hervorzurufen. Viele rufen an und suchen den Laden, sagt Raschke, „die stehen vor der Synagoge in der Oranienburger Straße und wundern sich“. Immerhin, das jüdische Gebetshaus in Mitte hat dieselbe Hausnummer.

Die Verwirrung wird sich allerdings noch legen. Zumal ein Pauli-Fanshop eigentlich auch nach Kreuzberg gehört. Schließlich halten sich hier die meisten Fans auf. Und missionieren. „Wegen den Fans in Kreuzberg bin ich zu St. Pauli gekommen“, sagt der ehemalige Fahrlehrer aus Dahlem, „denn die Fans machen den Verein aus.“ Missioniert wird dabei hauptsächlich in Kneipen. Da hat es in den letzten zehn Jahren auch Raschke erwischt.

Aber trotz dieser Vorgeschichte ist die Idee zum Fanshop doch sehr kurzfristig entstanden. Eigentlich war es andersrum. Die Räumlichkeiten waren zuerst da. Raschke, der seit fast zwei Jahrzehnten die benachbarte Konzertagentur „koka36“ leitet, hatte schon lange ein Auge auf den zentral gelegenen Eckladen geworfen. Lange Zeit war ein Solarium drin, dann ein türkisches Reisebüro. Als der Pauli-Fan dann endlich den Zuschlag bekam, entstand das Konzept. Zwei Monate später wurde der Fanshop eröffnet. Momentan sieht es innen noch sehr hell und renoviert aus – im Gegensatz zum original St. Pauli-Fanshop in Hamburg. Aber der Berliner ist zuversichtlich: „Gib mir noch zwei Jahre, der Laden ist ja neu“, sagt Raschke.

Momentan hat er 150 bis 300 Artikel vorrätig, so genau weiß er das gar nicht. Bestellt hat er fast alles, was es auch in Hamburg gibt: Bekleidung, Taschen, Aufkleber, Tassen, Aschenbecher und Krawatten. Nur das Auto nicht: ein bemalter Peugeot für faire 23 720 Euro. Aber das wird der Berliner St. Pauli-Fan verkraften können.

Zumal dieser zurzeit sowieso leidensfähig sein muss. Nachdem St. Pauli 2002 aus der Ersten Bundesliga und ein Jahr später aus der Zweiten abgestiegen ist, pendelt sich der finanzschwache Klub zurzeit auf einem Mittelfeldplatz in der Regionalliga ein. Für die richtigen Pauli-Fans ist das aber eher nebensächlich. Deshalb glaubt Raschke auch, dass das Kaufverhalten von der Liga unabhängig sein wird. Als gestandener Geschäftsmann rechnet er aber frühestens in sechs Monaten mit schwarzen Zahlen. „Es ist einfach noch keine T-Shirt-Saison“, sagt der Berliner.

Da hat er natürlich Recht. Zumal Pauli-Fans nur vereinzelt in ganzer Montur auftreten, wie etwa die Freunde von Hertha BSC. Da ist dann auch mehr zu verdienen. Fans des Klubs am Hamburger Millerntor sind eher normal, findet Raschke, und auch ein bisschen älter. Jugendliche Fans sind selten. Deshalb sind die Baby-Artikel auch sehr strategisch gedacht. Ein Missionsauftrag für die neue Generation.

Nur auf zahlreiche türkische Fans wird der Verein wohl auch in Zukunft verzichten müssen. Obwohl der Standort das Fanshops nahe des Kottbusser Tors eigentlich optimal dafür ist. Aber für die Türken bedeutet das Totenkopf-Maskottchen Unglück und Pech. Es schreckt sie ab. Da haben es Babys leichter. Die lachen darüber.

Jörg Petrasch

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