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Berlin: Immer im Kreis herum

Die Berliner CDU will nicht mehr intrigant, aber durchaus provinziell sein

Ihr Ruf ist miserabel. Sogar bei Leuten, die der Union nahe stehen, gilt die Berliner CDU als intrigant und provinziell. So werde die Partei wahrgenommen, hatte ihr vor zwei Tagen Michael H. Spreng, Wahlkampfberater von Edmund Stoiber und Jürgen Rüttgers, in einem Tagesspiegel-Interview attestiert. Da helfe eine Außenlösung der Spitzenkandidatenfrage nicht. Ins Gespräch gebracht wird hier jetzt wieder Friedbert Pflüger. Der derzeitige Staatssekretär im Verteidigungsministerium war früher Sprecher vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Pflüger wäre aber in der Berliner CDU nicht unbedingt willkommen.

Eher vertritt man inzwischen die Ansicht Sprengs, nach der nur eine solide Oppositionsarbeit „über drei bis vier Jahre für die Wähler vertrauenswürdige Strukturen erst wieder herstellen“ könne.

Kaum einer erwartet, dass sich daran so schnell etwas ändert. Ein erfahrener CDU-Mann sieht in den Listen für die Wahl zum Abgeordnetenhaus den Beweis dafür, dass sich die Partei gar nicht verändern will. Nicht ein Kreisverband „bietet Personal, das landesweit von Interesse wäre.“ Statt dessen würden mit den Listen innerbezirkliche Probleme gelöst und Loyalitätsbeziehungen gefestigt.

Für die Kritischen in der Berliner CDU ist das ihr Hauptproblem: Die Kreischefs haben die Macht, nicht die Mitglieder. Sie üben sie aus bei der Nominierung der Kandidaten, sie festigen sie, indem sie verhindern, dass die Mitglieder zu viel Einfluss gewinnen. Generalsekretär Frank Henkel sieht in der Festigkeit dieser Machtstruktur allerdings einen der Erfolge des Landesvorstands: Seit der Wahl Ingo Schmitts im Mai 2005 gebe es in der Berliner Union eine „ganz große Geschlossenheit und Solidarität untereinander“. Und Michael Braun, Chef der Südwest-CDU, erinnert an den Brief aller zwölf Kreisvorsitzenden an Klaus Töpfer, mit dem sie den Traumkandidaten zu gewinnen versucht hatten. Beide geben zu, dass der Landesverband ein „Vermittlungsproblem“ hat: Er sei besser als sein Ruf, doch die Leute sähen das nicht. Die Schwierigkeiten mit der „Performance“, wie Henkel sagt, hingen mit der Oppositionsrolle zusammen, aber auch damit, dass die Partei zu wenig profilierte Köpfe biete. Merkwürdig: Da sind sich die parteiinternen Kritiker und die Machthaber einig und finden doch keine Lösung der Probleme.

Das könnte daran liegen, dass an Sprengs Bemerkung über die Provinzialität mehr dran ist, als mancher zugestehen will. Viele in der CDU wollen die Kiezorientierung. Vertrauensbildung sei nötig, sagt ein Ortsvorsitzender – und die könne nur über die Bezirke erfolgen. Andere wie der Ex-Landeschef und Bürgermeister von Mitte, Joachim Zeller, raten, dass die Partei „möglichst breit“ Themen aufnehmen und mit markanten Politikerköpfen verbinden solle, statt „reflexartig“ auf alles zu reagieren, was der Senat mache.

Gerade das Kiezige aber lässt die Berliner CDU so temperamentlos erscheinen. Ex-Senator Peter Kurth nennt ein Beispiel: Die Partei habe ein gutes und richtiges familienpolitisches Papier beschlossen. Sie wolle sich auch denen öffnen, die nicht in traditionellen Familienzusammenhängen Kinder groß ziehen. Um alles zu finanzieren, was in dem Papier vorgeschlagen werde, müsse man das Ehegattensplitting abschaffen. Zu dieser Forderung aber – nur ein Landesverband wie die Berliner oder Hamburger CDU könne so etwas glaubwürdig tun – fehlte der Mut.

So dreht sich die Berliner CDU im Kreis und um sich selbst. Vielleicht, meint einer, der auch andere Bundesländer kennt, sollten sich die Berliner an den Niedersachsen orientieren. Die hätten Christian Wulff nicht nur eine, sondern drei Chancen gegeben.

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