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Berlin: Immer mehr Schulen wollen sich mit Kamera überwachen lassen

Mit Video gegen Gewalt und Drogen: Neuköllner Vorbild findet Nachahmer. Andere Pädagogen sehen keinen Nutzen

Die Neuköllner Heinrich-Mann-Gesamtschule hat den Anfang gemacht, jetzt wollen weitere Schulen ihrem Beispiel folgen und mit Videokameras Gewaltvorfällen, Zerstörung, Drogenhandel und Diebstählen vorbeugen oder den Tätern auf die Spur kommen. Insbesondere in sozialen Brennpunkten wie Kreuzberg und Nord-Neukölln wissen sich viele Schulen nicht mehr anders zu helfen.

So hat das Bezirksamt Friedrichshain- Kreuzberg jetzt die Zustimmung zu einer Videoüberwachung an der Ludwig-Jahn-Oberschule erteilt. „Der Fall ist entschieden“, sagt der leitende Schulrat Gerhard Schmid. Auch an der Liebmann-Schule in der Friedrichstraße gebe es Überlegungen in dieser Richtung. Als CDU-Bildungspolitiker fordert Schmid, die Schulen mit den komplizierten datenschutzrechtlichen und technischen Fragen in Zusammenhang mit der Videoüberwachung nicht allein zu lassen. Dies müsse von den Bezirksämtern zentral gesteuert und auch finanziell unterstützt werden.

„Wir stehen der Videoüberwachung positiv gegenüber“, sagt Monika Rosen, Leiterin der Neuköllner Wildmeister-Oberschule. Eltern hätten wegen vieler Fahrraddiebstähle den Anstoß gegeben, diese Möglichkeit der Überwachung zu erwägen. Auch aus dem Kollegium werde Zustimmung signalisiert, so dass sich die Schulkonferenz jetzt mit dem Thema befassen will.

Ähnlich sieht es in der Charlottenburger Pommern-Hauptschule aus. Schulleiter Dieter Hohn hat die Erfahrung gemacht, dass „alle gravierenden Vorfälle von draußen in die Schule getragen werden“ – oft durch ehemalige Schüler. Hohn glaubt, dass es in den Schulgremien Zustimmung für die Videoüberwachung geben würde.

Es gibt allerdings auch Schulen in sozialen Brennpunkten, die für die Kameraüberwachung keinen Bedarf sehen, weil sie ihre Schultüren längst per Gegensprechanlage gesichert haben oder weil ihr Gelände so unübersichtlich ist, dass eine einzelne Kamera nichts brächte. Dies muss aber kein Hinderungsgrund sein, wie ein Hamburger Beispiel zeigt: Im berüchtigten Viertel St.Georg hat sich die Staatliche Handelsschule schon vor knapp zwei Jahren mit 14 Kameras ausgerüstet, die jeden Winkel im Visier haben.

In Berlin ist an eine derartig martialische Aufrüstung noch nicht zu denken. Die Heinrich-Mann-Schule hat allein für eine Kamera am Eingangstor, die mit Überwachungsmonitor beim Schulleiter rund 8000 Euro kostete, einen zweijährigen Antragsmarathon zurücklegen müssen. Die Schule liegt zwar scheinbar friedlich an den Feldern vor Großziethen. Aber der 144er Bus, der vom Hermannplatz kommt, macht der Schule zu schaffen, weil ständig Jugendliche auftauchen, die „Kumpels“ treffen wollen.

Noch immer sitzt Schulleiter Detlev Arndt der Schreck von einem Vorfall im Dezember in den Knochen. Da wurde einer der Schüler vor der Schule ausgeraubt und derart mit einem Messerknauf auf den Kopf geschlagen, dass er seinem Schulleiter blutverschmiert in die Arme fiel. Die Schüler sehen die Videoüberwachung allerdings eher skeptisch. Einige sind zwar froh, dass sie jetzt weniger Sorge um ihre Fahrräder haben müssen. Andere hätten sich aber gewünscht, „dass das Geld in Schulbücher gesteckt worden wäre".

Skeptisch ist auch Brigitte Pick, Leiterin der Neuköllner Rütli-Hauptschule. Die Kameras würden die Gewaltvorfälle nur örtlich verschieben und seien keine Lösung, sagt sie. Denn die Ursache des Problems bestehe doch darin, dass die Jugendlichen, die sich herumtrieben, keine Arbeit hätten. Das weiß auch Arndt. Aber er will die Unruhestifter wenigstens aus seiner Schule fern halten.

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