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Berlin: Immer noch anziehend

Von Annette Kögel Einheitliche Schulkleidung – und kein Ende: Ein Jahr ist der Modellversuch des Tagesspiegels her, doch das Thema ist immer noch aktuell. „Ich habe schon Aktenordner mit Unterlagen und Presseausschnitten, und erst neulich hat wieder ein Radiosender angerufen, aus Nürnberg“, sagt Marianne Strohmeyer, Lehrerin der damaligen Projektklasse 8a am Steglitzer Willi-Graf-Gymnasium.

Von Annette Kögel

Einheitliche Schulkleidung – und kein Ende: Ein Jahr ist der Modellversuch des Tagesspiegels her, doch das Thema ist immer noch aktuell. „Ich habe schon Aktenordner mit Unterlagen und Presseausschnitten, und erst neulich hat wieder ein Radiosender angerufen, aus Nürnberg“, sagt Marianne Strohmeyer, Lehrerin der damaligen Projektklasse 8a am Steglitzer Willi-Graf-Gymnasium. Im Deutschen Historischen Museum ist der Test dokumentiert – und auch im jüngst erschienenen Sozialkunde-Schulbuch für die 8. Klasse aus dem Cornelsen-Verlag. Im Kapitel „Zusammenleben und Gemeinsinn“ ist er auf zwei Seiten beschrieben, und die Schüler können sich anhand des abgedruckten „Pro & Contra“ aus dem Sonntags-Tagesspiegel im Argumentieren üben.

Morgen diskutiert die Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung über einen Antrag der FDP-Fraktion: Sebastian Kluckert plädiert für einen Modellversuch an drei Grundschulen, die auf freiwilliger Basis mindestens zwei Jahre Einheitslook tragen – auch als Aktion gegen „das schlechte Image des Bezirks, der Zeichen setzt und den Kampf gegen beginnende Tendenzen der Verwahrlosung aufnimmt“.

Es war eine Idee, geboren in der Berlin-Redaktion, die letztlich von Zeitungen und Fernsehsendern in aller Welt verfolgte wurde – von „heute“-Nachrichten über „Spiegel-TV“ bis hin zu indischen Blättern und der größten Tageszeitung Japans. „Meine Schüler sind echte Medienprofis geworden, die standen zum Schluss wie alte Hasen vor den Kameras“, sagt Frau Strohmeyer. Auch heute noch melden sich Studenten und Wissenschaftler aus ganz Deutschland – und wollen wissen, wie das war, als sie und ihre Schüler sowie die Klasse 10c der Heinrich-Ferdinand-Eckert-Hauptschule mit Lehrer Erich Beyler das selbst gewählte, von der Kaufhof-Sportarena gesponserte Outfit bis zu den Ferien Probe trugen. „Im Unterricht sieht man immer mal wieder ein Polo- oder Sweatshirt mit Schullogo“, sagt Frau Strohmeyer heute. Die Schüler seien immer noch stolz darauf, ein Projekt gemeinsam durchgezogen und durchgestanden zu haben.“Jeden Tag die gleichen Sachen aus dem Schrank zu nehmen, das war ihnen schließlich doch schwerer gefallen als erwartet. Zwar berichtet auch die Lehrerin in der Dokumentation des Tagesspiegel-Projektes in der GEW-Lehrerzeitung, dass die Klassengemeinschaft und die Identifikation mit der Schule gestärkt und Außenseiter mangels Markenzwang besser integriert wurden. Andererseits sei ein Ergebnis des Versuchs gewesen, dass ein Dress eher Sinn macht, wenn alle Kinder einer Schule ihn schon von der untersten Klasse an gemeinsam tragen.

Dies steht nun in Neukölln zur Debatte, laut FDP-Antrag auch, „um den drohenden Zerfall in ethnische Gruppen zu stoppen und die Gemeinschaft zu stärken“. Gerade in Zeiten der Diskussionen um die Pisa-Studie und Ausprägung einzelner Schulprofile einen Versuch wert, meint Frau Strohmeyer. Schulsenator Klaus Böger findet damals wie heute, dass die Schulen selbst dahinter stehen, damit daraus wirklich ein „anziehender Schulversuch“ wird.

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