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Berlin: Immer noch Weltklasse

Funkhausarchitekt Ehrlich wäre heute 100 geworden

Vielleicht wird die große Party später nachgeholt. Heute jedenfalls, zum 100. Geburtstag des Architekten Franz Ehrlich, fällt sie aus. „So zwischen den Jahren ist doch kein Mensch da“, sagt Susanne Graef, die Ehrlichs berühmtestes Werk vermarktet: den Gebäudekomplex des DDR-Rundfunks an der Nalepastraße in Köpenick. Bis zur Wende Arbeitsstätte von 5000 Menschen, dann Biotop für behördlich betriebene Misswirtschaft, daraufhin Spekulationsobjekt von windigen Geschäftemachern, ein Fall für den Staatsanwalt – und seit gut einem Jahr Besitz des griechisch-israelischen Projektentwicklers Albert Ben-David. Der wollte nicht nur die Gebäude am Spreeufer mit ihren mehr als 40 000 Quadratmetern Geschossfläche wiederbeleben, sondern auch den Architekten würdigen, der Anfang der 50er Jahre jene Studios und Säle entwarf, deren Akustik noch heute als Weltklasse gilt.

Im nächsten Jahr, sagt Susanne Graef, sollen Studenten der Museumswissenschaft vorhandenes Material rund um die Immobilie erschließen. Dann könne man weiter ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken, was Ben-Davids erklärtes Ziel ist. Ein Stück ist er aus Graefs Sicht dabei in diesem Jahr vorangekommen: Das zu großen Teilen verwaiste Objekt sei für viele Filmdrehs gebucht worden, bei Bands für Proben und Aufnahmen zunehmend gefragt. Darauf wolle man sich spezialisieren, zumal man als Bürostandort schwer gegen zentral gelegene, leer stehende Gebäude konkurrieren könne.

Kurz vor Weihnachten zog auch noch der prominenteste Mieter weg, das Filmorchester Babelsberg. Auf der anderen Seite stehen laut Graef etwa 15 neue Verträge während des letzten Vierteljahres – bei steigendem Mietniveau. Renovierte Lobbys und ein Café machten auch den berühmten Saal 1 attraktiver. Der sei für Veranstaltungen an große Firmen und zuletzt für fünf Tage an die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen vermietet worden, die mit dem Stardirigenten Paavo Järvi einen Beethoven-Zyklus aufgenommen und für 2008 schon den nächsten Termin gebucht habe. Insofern sei das Jahr „eigentlich ganz erfolgreich“ gewesen.

Was bleibt, sind mehr als 50 Prozent Leerstand, millionenteurer Sanierungsbedarf, der noch immer nicht abgewickelte Kauf des Uferstreifens vom Bund und der geplatzte Traum von der Schauspielschule Ernst Busch auf dem Gelände.obs

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