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Berlin: Immer wieder Aufstiegskampf

Einst spielte der Spandauer SV in der Zweiten Fußball-Bundesliga – jetzt nimmt er aus der Landesliga einen neuen Anlauf

Eine Menge Wimpel hängen an der Wand des Vereinskasinos. Wimpel von Sheffield Wednesday, Bayer Leverkusen, Karlsruher SC und viele andere. Sie erinnern an bessere Zeiten des Spandauer SV. An Zeiten, da der SSV Berliner Meister war, gar in der Zweiten Bundesliga spielte. Lang ist’s her. Längst dümpelt der SSV in den niederen Fußballgefilden, derzeit in der sechstklassigen Landesliga. Und doch – es herrscht Aufbruchstimmung. „Wir sind auf dem richtigen Weg und wollen nach oben“, sagt Manager Manfred Schlesiona.

Nach sieben Spielen hat der SSV bereits 21 Punkte, die Maximalzahl. Und das Torverhältnis lautet 34:4. Ergebnisse wie 6:0, 4:0 und 5:3 deuten darauf hin, dass der Spandauer Klub die Konkurrenz deutlich beherrscht. „Der Aufstieg ist Pflicht“, sagt Trainer Wolfgang Wilke, der nach der Wende den SSV schon einmal trainierte. Dass er in seiner 31-jährigen Trainerlaufbahn schon siebenmal den Aufstieg geschafft hat, werten viele im Verein als gutes Omen.

Schlesiona holte zum Saisonbeginn nicht nur Wilke, er holte auch viele Spieler. So Stefan Oesker und Stefan Kusche, die mit zusammen 19 Saisontreffern  die Landesliga-Torschützenliste klar anführen. Oesker kam, wie drei andere Spieler, von Hertha Zehlendorf. Dass Schlesiona sie nach Spandau locken konnte, ist kein Zufall. Bei der kleinen Hertha kickte er selbst viele Jahre, war später Manager. „Vielleicht wäre ich mal ein ganz Großer  des Fußballs geworden, aber das Singen in unserer Band hat mich fast so wie das Fußballspielen fasziniert“, sagt Schlesiona. Trainiert hat er später viele Klubs, so den SCC, Rapide Wedding und den Spandauer BC. Zwei Jahre auch den SSV.

Zu dem zieht es ihn immer wieder. Auch wegen Wilfred Lange. Der ist seit 1987 Erster Vorsitzender des Vereins. Und vor allem Mäzen. Eingeweihte glauben zu wissen, dass der SSV schon längst die Pforten hätte schließen müssen, hätte der Bauunternehmer nicht immer wieder Geld gegeben. „Fußball ist mein  Hobby. Und das lasse ich mich schon was kosten“, sagt Lange.

Dass er zwischendurch mal im Aufsichtsrat des SV Babelsberg saß, tat seiner Zuneigung zum SSV keinen Abbruch. „Da habe ich allerdings gesehen, dass die öffentliche Hand in Babelsberg viel mehr Interesse an Fußball hat als in Spandau“, sagt Lange. Freilich, in Spandau gilt es 14 Fußballvereine zufrieden zu stellen. Allein in der Landesliga gibt es drei, neben dem SSV noch den 1. FC Galatasaray und die Spandauer Kickers. Letztere wurden gestern 4:0 deklassiert.

Dass sein Traum von der großen Fusion Spandauer Klubs scheiterte, hat nicht nur Lange tief getroffen. „Die ist vor allem an den anderen Vereinen gescheitert. Wir waren bereit“, sagt Bernd Rocca, der Zweite Vorsitzende. Für Ärger sorgte auch der jahrelange Hickhack um den Platz an der Neuendorfer Straße. Dort, wo der SSV direkt neben der Schultheiss-Brauerei einst große Spiele lieferte, stehen längst Wohnhäuser. Am 24. Mai 1998 wurde, einige hundert Meter weiter an der Streitstraße,  der neue Platz eingeweiht. Kamen früher nicht selten 10 000 Zuschauer, zahlen heute auf dem „Kartoffelacker“ (Lange) gerade mal 50 bis 100 Eintritt. Kein Wunder, dass Schlesiona von einer „Totenliga“ spricht.

Das kurze Gastspiel des Spandauer SV 1975/76 in der Zweiten Bundesliga war übrigens nicht allzu ruhmreich. Von 38 Spielen wurden nur zwei gewonnen, das Torverhältnis lautete 33:115.

Klaus Rocca

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