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Berlin: Immer wieder sonntags: Müllhalde Regierungsviertel

Zwischen Hauptbahnhof und Reichstag quellen die Abfalleimer über Der Bezirk Mitte hat kein Geld für Sonderschichten am Spreeufer

Auf der Bank, am Ufer der Spree hat sie ein schönes Plätzchen gefunden: Ihre Hände ruhen auf dem schwarzen Gehstock, während der Wind über ihr weißes Haupt streift. Die Rentnerin Ruth Erlenbach wohnt im Hansaviertel, aber sie kommt oft hierher mit ihrer Freundin Hildegard Kühn, und sie schauen den Ausflugsschiffen nach, die durch das Regierungsviertel fahren. Auch viele Touristen und Reisende laufen hier entlang, weil der Spreeuferweg zwischen Hauptbahnhof und Reichstag zu den schönsten Orten am Wasser mitten in der Hauptstadt zählt.

Doch die Freude an der City-Idylle ist für viele Berliner und Besucher getrübt: Besonders am Wochenende pflastern Taschentücher, Plastikbecher, Tüten und Flaschen ihren Weg. Der Grund: Beim Grünflächenamt des Bezirks, der für die Reinigung der Flächen zuständig ist, arbeitet niemand am Wochenende. Und der Senat, der Park und Uferweg geplant und angelegt hat, stellte nur wenige, viel zu kleine Müllbehälter auf. Diese quellen sogar noch am Montagmittag über.

„Die kleenen Dingerchen sind im Nu voll“, sagt Hildegard Kühn. „Und am anderen Ufer steht weit und breit kein einziger Müllbehälter“, fügt Ruth Erlenbach hinzu. Dafür reihen sich die Parkbänke dicht aneinander, am Ostufer der Spree. Wer hier seine Stulle aus dem Pergamentpapier holt oder den Cola-Becher leert, der muss weite Wege gehen, um seine Verpackung los zu werden.

Auf dem Grünstreifen unter der Kita an der kunstvoll geschwungenen Calatrava-Brücke liegen ein beiges Handtuch und weiße Taschentücher verlassen herum. Ein blonder Hüne mit rotem T-Shirt und Knopf im Ohr drückt schimpfend eine leere Mineralflasche in den vollen Mülleimer. Danach geht nichts mehr.

„Die Planer haben ganz bewusst nur wenige Müllbehälter aufgestellt“, sagt Jürgen Götte. Der Inspektionsleiter des Grünflächenamtes Mitte weiß auch warum, „weil man davon ausging, dass dann auch wenig Müll entsteht“. Fünf Müllbehälter, die jeweils 50 Liter Abfall fassen, stünden auf der westlichen Uferseite am Spreebogen-Park. „Aber die sind ruck, zuck voll“, sagt Götte. Dann fällt den Passanten der Müll einfach aus der Hand, neben dem Korb, irgendwo auf dem Weg.

An sonnigen Wochenenden ist der Müllnotstand am größten. Am vergangenen führte dann auch noch der „Easy- Run“ die Freizeitläufer nebst Anhang das Ufer entlang. Außerdem werden die Behälter sonnabends und sonntags nicht geleert. „Laut Tarif dürfen wir das nicht“, sagt Götte. Und für neue Kräfte gebe es kein Geld: „Wir müssen mehr Grünanlagen mit weniger Geld bewirtschaften, deshalb haben wir in diesem Jahr schon nach vier Monaten die Hälfte des Etats verbraucht.“

Arnold Bergmann sitzt in Sichtweite des Hauptbahnhofs unter einem Sonnenschirm, neben der Bar. Der Betreiber des Strandlokals „Capital Beach“ sagt: „Hier kommen im Sommer zehn bis fünzehntausend Menschen täglich vorbei.“ Viele von ihnen brächten Pappbecher oder Kuchentüten vom Hauptbahnhof mit, und nicht alle entsorgten den Abfall, wie man es sich wünschte. Seine eigenen Mitarbeiter sammelten regelmäßig die Becher des Lokals und den Abfall zwischen den Liegen am Ufer ein. Außerdem sind große Müllbehälter auf dem Pachtgrundstück aufgestellt. Eines davon direkt neben der Treppe, die vom Ufer zum Park führt: Ein wuchtiger blauer Plastikeimer – direkt neben dem kleinen grauen Müllbehälter der Stadtverwaltung.

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