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Die Seniorenresidenz Pro Seniore gegenüber den Hackeschen Höfen soll abgerissen werden.

© Kai-Uwe Heinrich

Immobilienboom in Berlin-Mitte: Pflegeheime werden aus der Innenstadt gedrängt

Nach 20 Jahren wird die "Pro Seniore Residenz" am Hackeschen Markt geschlossen. Das Haus soll einem Neubau weichen. Kein Einzelfall, sagt Mittes Baustadtrat.

Die Gegend am Hackeschen Markt bietet alles, was sich Touristen wünschen: Eigenwillige Geschäfte, originelle Fassaden, viele Cafés und ein paar Relikte Berliner Subkultur. Seit Jahren fühlen sich hier auch 200 Senioren recht wohl, doch damit ist bald Schluss. Der schlichte Bau mit Supermarkt im Erdgeschoss und Zimmern für Pflegebedürftige an der Rosenthaler Straße soll abgerissen werden, der langjährige Mietvertrag mit dem Betreiber des Seniorenheims, Pro Seniore, wird aufgelöst. Das bestätigte Pro-Seniore-Sprecher Peter Müller. Vom Eigentümer des Hauses, DC Value aus Hamburg, gab es keine Stellungnahme. DC Value hatte bereits vor zwei Jahren eine Bauvoranfrage gestellt, für ein Wohn- und Geschäftshaus, die der Bezirk positiv beantwortete. "Das ist bedauerlich, aber baurechtlich ist da nichts zu machen", sagte Ephraim Gothe (SPD), Baustadtrat von Mitte.

Mietvertrag lief eigentlich bis 2028

Müller verteidigt die Auflösung des Mietvertrags, der eigentlich bis 2028 befristet war. Das Haus sei sanierungsbedürftig und wegen der Verkehrssituation in der Rosenthaler Straße nicht mehr geeignet für die Altenpflege. Krankenwagen würden in der engen Straße den Verkehr lahmlegen. "Pflege ist auch eine Frage der Logistik von Rettungseinsätzen. das geht woanders besser". Der Investor habe eigentlich nur Lofts und Büros bauen wollen, sich aber auf einen Kompromiss eingelassen. 30 Plätze für betreutes Wohnen blieben erhalten, dafür sei der Standort weiterhin geeignet. Die Pflegeheim-Bewohner könnten in Pro-Seniore-Häuser am Ku'damm, an der Genthiner Straße und am Volkspark Friedrichshain umziehen.

Es wollen immer mehr Menschen in die Innenstadt. [...] Deshalb muss die Stadt mit Hochhäusern verdichtet werden, damit Platz für alle ist. [... ] Nicht die Spekulanten sind das Problem, sondern der Senat, der die Verdichtung der Stadt verbietet.

schreibt NutzerIn b.buettner

Mit Büros lässt sich mehr Rendite erzielen

Das Pflegeheim an der Rosenthaler Straße sei nicht das einzige, das wegen der Renditeinteressen von Investoren schließen muss, sagte Gothe. Besonders mit Büroflächen könne man in guten Lagen höhere Margen erzielen als im Pflegebereich. Dort sind die Mieten gedeckelt. Gothe befürchtet eine weitere Verdrängung von Pflegeeinrichtungen aus der Innenstadt. "Das ist ein Phänomen, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen." Christoph Lang von der Senatsverwaltung für Gesundheit spricht dagegen von einem Einzelfall. Es gebe in diesem Bereich bislang wenig Veränderung. "Wir beobachten das aber genau."

Michael Held, Chef des Projektentwicklers Terragon, sieht in Berlin einen ähnlichen Trend wie in München. Dort würden Pflegebedürftige an den Stadtrand gedrängt, in der Innenstadt gebe es bald nur noch kirchliche oder städtische Pflegeheime. "Der Neubau von Pflegeheimen ist faktisch ausgeschlossen und der Bestand von Pflegeheimen hoch gefährdet." Peter Müller von Pro Seniore fordert, bei der Entwicklung neuer Stadtquartiere mit sozialem Wohnungsbau auch Flächen für Pflegeheime einzuplanen, etwa bei der Nachnutzung des Flughafens Tegel. Der Bedarf werde weiter steigen.

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