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Immobilienunternehmen: GSW-Börsengang: Rot-Rot bangt um eigene Mehrheit

Kraftprobe für Rot-Rot: Für den Fall, dass die Koalitionsmehrheit für den Börsengang des privaten Wohnungsunternehmens heute durch SPD-Abweichler ins Wanken gerät, kündigen Linken-Politiker ernste Konsequenzen für die Regierungsarbeit an. Mehr Mieterschutz soll SPD-Kritiker überzeugen.

Von Sabine Beikler

Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Jutta Matuschek, kündigte „gravierende Auswirkungen auf den Koalitionsbestand“ an, falls der Koalitionspartner nicht einhellig zustimme. Falls die Linke, die den Börsengang unterstützt, vor Beginn der Sondersitzung um 16 Uhr kein positives Signal von der SPD erhalte, „werden wir die Sitzung absagen“, drohte Matuschek. Die Linke werde sich nicht von Stimmen der FDP abhängig machen, die für den Börsengang votieren will. SPD und Linke haben eine Mehrheit von drei Stimmen.

Am Sonntag wurde innerhalb der SPD-Fraktion viel telefoniert, bis man einen Kompromiss zwischen Fraktions- und Parteichef Michael Müller und den Kritikern des Börsengangs fand, die den vertraglich gesicherten Mieterschutz für 130 000 GSW-Mieter über 2014 hinaus verlängern wollten. „Wir gehen davon aus, dass ein nennenswerter Betrag für den Mieterschutz und das Quartiersmanagement zur Verfügung gestellt wird“, sagte der SPD-Umweltpolitiker Daniel Buchholz, einer von 14 Abgeordneten, die vergangenen Dienstag in einer Sondersitzung der SPD-Fraktion gegen einen Börsengang votierten.

Der Senat hatte Ende März einer Börsennotierung zugestimmt. Für die Erlaubnis müssen die GSW-Eigentümer, der Goldman-Sachs-Fonds Whitehall und der Finanzinvestor Cerberus, 130 Millionen Euro zahlen. 100 Millionen fließen in das GSW-Eigenkapital, 30 Millionen Euro erhält das Land Berlin. Dem Vernehmen nach sollen davon zehn Millionen Euro für Mieterschutz, Quartiersmanagement und Projekte der sozialen Stadt verwendet werden. Mit diesem ausgehandelten Kompromiss, der nicht nur allein die 130 000 GSW-Mieter betrifft, können die Kritiker offenbar leben. „Unter diesen Umständen können wir zustimmen, obwohl einige Kritiker weiterhin einen vollständigen Börsengang ablehnen. Sie beugen sich der Fraktionsdisziplin, um Rot-Rot nicht zu gefährden“, sagte Buchholz.

Widerstand gegen den Börsengang gab es in den SPD-Kreisverbänden Spandau, Friedrichshain-Kreuzberg, Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf. Buchholz geht aber davon aus, dass Abgeordnete dieser Kreisverbände am Montag den Plänen zustimmen werden. Auch SPD-Fraktionssprecher Thorsten Metter äußerte sich optimistisch: „Ich gehe fest von einer Koalitionsmehrheit aus.“ Die Abstimmung am Montag ist öffentlich – jeder Abweichler könnte namentlich identifiziert werden.

Die Finanzverwaltung wollte zu dem Kompromiss keine Stellung abgeben. Das Verhalten der SPD-Kritiker wurde in der Behörde von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) allerdings als „ernsthaft nervig“ bezeichnet. Vor Abschluss des Vertrags mit den GSW-Eigentümern habe sich kein einziger Kritiker gemeldet. In dem Vertrag wird unter anderem der Mieterschutz für GSW-Mieter bis 2014 gesichert, Luxussanierungen und Kündigungen wegen Eigenbedarfs werden ausgeschlossen.

Die CDU hatte 2004 der GSW-Privatisierung zugestimmt. Jetzt macht sie eine Kehrtwende. Partei- und Fraktionschef Frank Henkel begründete das Nein zum Börsengang mit unklaren Regelungen für eine langfristige Sicherung des Mieterschutzes. Der Senat habe es versäumt, die GSW zu weiteren Instandsetzungsarbeiten zu verpflichten. Die Grünen lehnten 2004 den GSW-Verkauf ab. „Wir werden auch den Börsengang wegen des unsicheren Mieterschutzes nicht mittragen“, sagte Fraktionschefin Ramona Pop. Die FDP unterstützt den Börsengang. Eine breitere Eigentümerbasis sei im Interesse der Mieter, sagte Fraktions- und Parteichef Christoph Meyer.

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