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Impfung: Schweinegrippe: Die Verunsicherung wächst

Ärzte sind "total uneins", ob Impfungen sinnvoll sind. Mehr Berliner denn je wollen sich kompetent beraten lassen. Auch große Firmen wissen nicht, was sie ihren Mitarbeitern anbieten sollen.

Impfen lassen – ja oder nein? Viele Berliner sind in dieser Frage weiterhin stark verunsichert, große Firmen überlegen hin und her, ob sie ihren Mitarbeitern eine Immunisierung gegen die Schweinegrippe empfehlen oder diese gleich betriebsärztlich anbieten sollen. Und selbst die Ärzte sind „absolut uneins“, sagte am Sonntag der Vizevorsitzende des Berliner Berufsverbandes der Internisten, Michael Witte. Angesichts der rapide steigen Zahl der Infektionsfälle in Berlin nimmt der Beratungsbedarf der Bevölkerung allerdings stark zu. Die neue Grippe sei in ihren Praxen ein „absolutes Thema“, berichten Mediziner. Die meisten Patienten wollten vor der Entscheidung , ob sie sich impfen lassen, erst einmal die weitere Entwicklung abwarten.

Wie berichtet, gibt es in Berlin 923 bestätigte Infektionen, die bislang aber einen leichten Verlauf nahmen. Todesfälle wie zuletzt in Saarbrücken oder Bonn haben sich noch nicht ereignet. Seit einer Woche impfen Amtsärzte bereits medizinisches Personal und besondere Risikogruppen. Etwa in Charlottenburg-Wilmersdorf sind dafür drei Amtsärzte freigestellt. Die Mitarbeiter der Gesundheitsämter reichen aber bei weitem nicht aus, um die breite Bevölkerung zu immunisieren. Das können nur niedergelassene Allgemeinmediziner und Internisten tun.

Rund 2000 solcher Praxen kommen laut Gesundheitsverwaltung dafür in Frage. Doch vielen Ärzten ist die vom Senat angebotene Vergütung von 5,50 Euro für die erste Spritze und 4,50 Euro für die zweite Injektion zu gering. Außerdem sind längst nicht alle Mediziner von der Notwendigkeit einer Impfaktion überzeugt. Deshalb kann die Gesundheitsverwaltung nur mit impfwilligen Praxisinhabern einzelne Vergütungsverträge abschließen. Gut 2000 solcher Verträge habe man bereits verschickt, der Rücklauf sei „recht positiv“, sagt Behördensprecherin Regina Kneiding. Ab Ende dieser Woche würden dann „einige hundert Arztpraxen“ Impfungen vornehmen.

Reicht dies für Berlin aus? Die Gesundheitsverwaltung ist optimistisch. Regina Kneiding sagt: „Wir bemühen uns weiter, ein möglichst flächendeckendes Impfnetz aufzubauen, damit niemand lange Wege gehen muss.“ Viele Mediziner, die sich an der Impfaktion nicht beteiligen wollen, scheuen nach Auskunft des Internistenverbandes vor allem „den hohen logistischen Aufwand“. Der georderte Impfstoff wird nur in Flaschen für zehn Impfungen geliefert und ist nur 24 Stunden gekühlt haltbar. Um Ausschuss zu vermeiden, müsse eine Impfsprechstunde eingerichtet werden mit mindestens zehn Impfkandidaten. Hinzu komme, dass die Gesundheitsbehörde eine ausführliche Dokumentation aller Immunisierungen verlange.

Unterdessen haben einige Unternehmen und Institutionen begonnen, interessierte Mitarbeiter von Betriebsärzten impfen zu lassen. Am Charité-Klinikum wurden in der vergangenen Woche 568 Angestellte immunisiert. Die meisten Arbeitgeber wollen sich aber noch nicht festlegen. Bei der Bahn hieß es gestern: „Das ist für uns ein großes Thema, da viele Mitarbeiter engen Kundenkontakt haben.“ Doch entschieden ist offenbar noch nichts. Die Berliner Bäderbetriebe appellierten an ihr Personal, bei den geringsten Anzeichen einer möglichen H1N1-Infektion zum Arzt zu gehen. Als Indiz gilt ein hoher Fieberschub, kombiniert mit klassischen Influenzasymptomen wie Halsweh oder Schnupfen. cs/wek

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