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Berlin: In den Himmel

Die Minarette der Moschee am Columbiadamm sind zehn Meter zu hoch – war das von vornherein so geplant?

Zwei Möglichkeiten gibt es, warum die neue Moschee am Neuköllner Columbiadamm um einige Meter zu hoch gebaut worden ist. Die erste: Jemand hat sich verrechnet. So ragen die beiden Minarette genau achteinhalb Meter höher in den Himmel über Neukölln, als es die Baubehörde genehmigt hat. Ein Versehen ist nicht auszuschließen bei diesem Bauvorhaben einer türkischen Glaubensgemeinschaft, das mit viel privatem und bürgerschaftlichem Engagement zustande kam und das immer mal wieder unterbrochen wurde, wenn Geld oder Leute fehlten. Die zweite Möglichkeit: Die türkischen Bauherren haben ihre Moschee genauso gebaut, wie sie es anfangs vorhatten; sie haben die Vorgabe der Baubehörde: 30 Meter und nicht höher! freundlich lächelnd ignoriert. Am Dienstag oder Mittwoch wird sich zeigen, welche Möglichkeit die wahrscheinlichere ist. Dann wollen die Prüfer des Bezirks festgestellt haben, ob die neue Moschee einsturzgefährdet ist oder ob ihre Statik die deutlich höheren Türme und die ebenfalls größer geratene Kuppel trägt. Ist die Konstruktion so kräftig ausgefallen, dass keine Einsturzgefahr besteht, liegt ein Schluss nahe: Die Bauherren haben es von vornherein geplant und mit der Baugenehmigung nicht so genau genommen.

Sicher ist eins: Niemand will den Abriss der Moschee, schon gar nicht die Neuköllner Baustadträtin Stefanie Vogelsang (CDU), die am Montag die Baustelle sperren ließ. Die Stadträtin sagt, der Bezirk sei stolz auf den Bau und sie freue sich, dass eine so schöne Moschee gerade in Neukölln errichtet werde. Der Religionsbeauftragte der türkischen Botschaft, Recep Türkoglu, zweifelt kein bisschen an der Fairness der Baustadträtin. Über den Baustop regt er sich nicht auf, er will erst mal hören, was die Bauaufsicht sagt. Und auch in der Senatskanzlei – die seit kurzem an dem Verfahren beteiligt ist, weil die Baustelle auf einem Grundstück der Türkei liegt – zweifelt man nicht daran, dass Stefanie Vogelsang den Konflikt schon entschärfen wird. Senatssprecher Michael Donnermeyer sagt, Baugenehmigungen müssten eingehalten werden. Darauf achte Frau Vogelsang. Noch habe man keinen Grund, an ihrem Fingerspitzengefühl zu zweifeln.

Der Baustadträtin ist allerdings eine gewisse Verwunderung darüber anzumerken, dass die Minarette nun doch genau so hoch geraten sind, wie es die Moschee-Planer zuallererst vorgesehen hatten. Hätten die Bauherren auf ihrem ersten Entwurf bestanden – ein umfangreiches Bebauungsplan-Verfahren mit Bürgerbeteiligung wäre unumgänglich gewesen, sagt Frau Vogelsang. Weil aber nicht alle Neuköllner so viel wie die Stadträtin von der Moschee halten, hätte die Planung mit 40-Meter-Minaretten leicht am Bürgerprotest scheitern können. So einigten sich der Bezirk und die Planer der Moschee auf eine Bauhöhe von 28,60 Metern für die Minarette, und das Bezirksamt vereinfachte das Genehmigungsverfahren ganz erheblich. Die Baustadträtin spricht von einem „Vertrauensvorschuss“ des Bezirks. Womöglich ist der Vorschuss ausgenutzt worden. Deshalb muss man die Minarette nicht abreißen oder kürzen; sie stören nicht einmal den Tempelhofer Flugbetrieb. Doch könnte der Neubau wegen einer eher hoch ausfallenden Ordnungsstrafe um viele tausend Euro teurer werden.

Foto: Mike Wolff

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