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Berlin: In der Mädchenschule wird königlich gegrillt

Szenerestaurant öffnet in ehemaliger jüdischer Lehranstalt in Mitte. Ein Galerist hat fünf Millionen Euro in das Gebäude gesteckt, das zuletzt immer mehr verfiel.

In der Auguststraße vereinen sich künftig Kunst und Genuss. Am 9. Februar, also pünktlich zum Beginn der Berlinale, eröffnen die Macher des „Grill Royal“ – Stephan Landwehr, Boris Radczun und Jessica Paul – ein neues Restaurant in einem ganz besonderen Gebäude: in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule.

Das denkmalgeschützte Haus wurde detailgetreu restauriert von dem in Berlin und New York lebenden Galeristen und Kunsthändler Michael Fuchs. Rund fünf Millionen Euro investierte er in das Haus, das er nun auf 30 Jahre gepachtet hat. „Es ist das einzige reine, unverfälschte Bauhaus-Gebäude, das in der Gegend steht“, sagt Fuchs. „Da ist tatsächlich mal was ganz Neues entstanden.“

Das 1928 fertiggestellte Haus des Architekten Alexander Beer war von Anfang an ganz zweckmäßig und großzügig angelegt. Zuletzt war es vom Verfall bedroht. Wasser tropfte von oben herein, Anfang vergangenen Jahres musste ein provisorisches Dach erstellt werden. Die Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde sei sehr erfreulich gewesen. Es wird dort auch ein koscheres Restaurant geben, „The Kosher Classroom“, mit der interessanten Kombination aus Steaks und veganen Speisen. Es wird an drei Tagen in der Woche geöffnet haben.

„Wir mussten uns entscheiden zwischen milchig und fleischig“, erklärt der Berliner Unternehmer Michael Zehden das Konzept. Er betreibt unter anderem bereits ein koscheres Cateringunternehmen und wird von dort aus auch für Mitte Catering-Angebote machen. In der koscheren Küche, die immer von einem Rabbi überwacht wird, dürfen Milch- und Fleischprodukte nicht zusammen verarbeitet werden, dürfen nicht mal vom selben Porzellan gegessen werden. Da vegane Speisen ohne Tierprodukte gekocht werden, also auch ohne Milch und Eier, passt die Kombination perfekt ins koschere Konzept. Rabbiner Ehrenberg wird die Aufsicht führen. Zehden will außerdem traditionelle Sabbat-Dinners anbieten, bei denen sich am Freitagabend die Möglichkeit bietet, ein ganz besonderes jüdisches Zeremoniell kennenzulernen. Stephan Landwehr und sein Team vom Grill Royal wollen in der ehemaligen Turnhalle im Pauly-Saal die deutsche Küche neu und vor allem leicht erfinden. Historische Methoden sollen gleichwohl Anwendung finden: „Wir wollen konservieren, garen und einwecken wie früher.“ Einen Holzkohleofen zum Brotbacken gibt es auch schon. Vier Kronleuchter aus Muranoglas, erstanden bei der Biennale in Venedig von einem Hersteller, der zwischendurch pleite war, sollen ein Ambiente schaffen, das typisch ist für die Entstehungszeit des Gebäudes. Sternekoch Siegfried Danler, der unter anderem im „Le Canard“ in Hamburg gekocht hat, soll für die gekonnte Umsetzung des Küchenkonzepts zuständig sein. Gleich nebenan wird es einen Delikatessenladen geben, den Oskar Melzer, manchen noch bekannt vom „Weekend“, und Paul Mogg betreiben. Zu den Spezialitäten wird unter anderem hausgemachte Pastrami zählen. Dem „Reuben Sandwich Berlin Style“ steht damit nichts mehr im Weg.

Rund 3000 Quadratmeter stehen insgesamt zur Verfügung, davon 1000 Quadratmeter für die gesamte Gastronomie. Im Sommer gibt es auch Gartenplätze auf dem ehemaligen Schulhof.

In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das ehemalige Jüdische Krankenhaus, in das ein Universitätsinstitut für jüdische Studien einziehen soll. In den früheren Klassenräumen wird es künftig viele Ausstellungen zu sehen geben. Neben der Galerie Michael Fuchs, die in der früheren Aula angesiedelt wird, wird dort auch Gerd Harry Judy Lybke vertreten sein mit „Eigen + Art Lab“. Der bekannte Sammler der Leipziger Schule wird hier internationale Künstler vorstellen. Außerdem wird die Fotogalerie Camera Works hier eine Dependance einrichten.

„Ich wollte einen interessanten Ort schaffen“, sagt Michael Fuchs, „einen Schmelztiegel für Kunst und Kultur, wo man sich auch treffen und zusammen essen und trinken kann.“ Die Lage mitten in Berlin ist ideal, denn das Konzept dürfte auch das dort sowieso präsente internationale Publikum in Scharen anziehen.

Mit einem Notdach hat Fuchs im vergangenen Winter versucht, den Wasserschaden zu begrenzen, hat eng mit dem Denkmalschutz zusammengearbeitet, Kacheln und Fliesen nach alten Fotos restauriert, alte Türklinken und Beschläge besorgt und auch alte Fenster einbauen lassen, weil der Denkmalschutz neue nicht erlaubt hat.

Bei der Sanierung führten Grüntuch Ernst Architekten Regie; das Büro hat seinen Sitz nur wenige Meter entfernt, ebenfalls in der Auguststraße. Nun freut sich der 44-jährige Fuchs auf Ausstellungen in den nächsten 30 Jahren. Dann will die Jüdische Gemeinde für die künftigen Generationen etwas draus machen. Obwohl der gebürtige Freiburger sowohl in Berlin als auch in New York lebt, sieht er das Gebäude nicht vom Geist seiner zweiten Wahlheimat inspiriert. „Von Vergleichen halte ich nicht viel. Das hier ist etwas Einzigartiges.“

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