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Berlin: In nur einer Nacht drei Lokale überfallen

Seit einigen Wochen häuft sich die Zahl der RaubtatenVON CHRISTOPH STOLLOWSKY BERLIN.Sie sind maskiert und halten Baseballschläger in der Hand, sie drohen mit Pistolen, schwingen Barhocker als Schlagwaffen, fesseln ihre Opfer und kommen meistens, wenn der letzte Gast gegangen ist: Kneipen-Räuber in Berlin.

Seit einigen Wochen häuft sich die Zahl der RaubtatenVON CHRISTOPH STOLLOWSKY BERLIN.Sie sind maskiert und halten Baseballschläger in der Hand, sie drohen mit Pistolen, schwingen Barhocker als Schlagwaffen, fesseln ihre Opfer und kommen meistens, wenn der letzte Gast gegangen ist: Kneipen-Räuber in Berlin.Durchschnittlich wird alle drei Tage in der Stadt ein Lokal überfallen und beraubt.Rund hundert solcher Delikte verzeichnete die Polizei von Januar bis September 1997, ebenso viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.Seit einigen Wochen stürmen die Ganoven allerdings ungewöhnlich oft zur Theke, allein in der Nacht zu Mittwoch gleich drei Mal. Zunächst schlug gegen ein Uhr ein Räuber eine Angestellte in einem Lokal an der Neuköllner Buschkrugallee nieder und raubte die Kellnergeldbörse.Nur wenig später schlugen vier mit einer Schußwaffe bewaffnete Täter in der Charlottenburger Haubachstraße zu; gegen vier Uhr waren vermutlich dieselben Räuber in Wedding aktiv.Mancher Wirt beneidet deshalb seine Kollegen in anderen Bundesländern, die sich weitaus weniger vor Kriminellen fürchten müssen.An der Spree ist die Zahl der Überfälle besonders groß. Das hängt in erster Linie mit der Sperrstunde zusammen, die außer in Berlin überall gilt.Spätestens um zwei Uhr früh schließen werktags in Frankfurt/Main oder Hamburg alle Lokale ohne Nachtkonzession, zu einer Zeit also, in der Kriminelle auf der Straße und im Gastraum noch mit Tatzeugen rechnen müssen.An der Spree können sie dagegen warten: Die meisten Überfälle geschehen hier zwischen 3 und 4 Uhr morgens, wenn die Stadt am ruhigsten ist und selbst die Stammkundschaft den Tresen verläßt. Gäste geraten deshalb in einen Coup kaum hinein.Die Hotel- und Gaststätten-Innung wird nicht müde, dies zu betonen, soll sich doch niemand von einem Kneipen-Bummel abschrecken lassen.Die Sperrstunde will aber deshalb kein Berliner Gastronom abschaffen.Stattdessen überlegen die Wirte, wie sie sich schützen können.Dabei stellt sich zuerst die Frage nach den Tätern und den typischen Umständen eines Übergriffes. Vorzugsobjekte sind nach Erkenntnissen der Kripo vor allem typische Bierkneipen, 3300 gibt es in Berlin neben 5200 weiteren gastronomischen Betrieben unterschiedlichster Art.Restaurants werden selten überfallen.Die Täter sind in der Regel Amateure - meist junge Männer, die ihren Coup spontan beschließen."Profi-Kriminelle machen sowas selten.Die mögliche Beute ist zu mager für das hohe Risiko", sagen die Experten im Raubreferat des Landeskriminalamtes. Doch es gibt Ausnahmen.Immer wieder werden sie auch von Serientätern in Atem gehalten, die sich auf Lokale spezialisieren wie Einbrecher auf Wohnungen.So im April dieses Jahres, als die "Disco-Bande" Musiklokale und Kneipen heimsuchte.Oder im vergangenen September, als ein Gangster-Pärchen nach dem Vorbild des Räuber-Duos "Bonnie&Clyde" - sie mit silbriger Pistole, er mit Schrotgewehr - die City-Wirte in Unruhe versetzte. "Wenden Sie auf keinen Fall Gegengewalt an", warnt die Kripo Berlins Wirte."Der Baseball-Schläger hinterm Tresen nützt nichts gegen Räuber und ist ebenso riskant wie Alarmsirenen.Denn besonders Amateurtäter drehen schnell durch und greifen an, wenn man sie in die Enge treibt.Wirkungsvoller sind Tresore, in die man fortlaufend Einnahmen steckt, deren Schlüssel aber anderswo liegt.Solche Ratschläge stehen in einer Broschüre der Gaststätten-Innung (Titel: "Geld oder Leben?").Statt Gegenwehr empfiehlt sie auch den "stillen Alarm" mit Hilfe eines Mini-Senders in der Hosentasche.Auf Knopfdruck funkt er ein Telefonsignal, das bei einem Sicherheitsdienst aufläuft. Rund 1500 DM kosten Gerät und Installation, 55 DM monatlich die Wachzentrale.Doch vielen Gastronomen ist das angesichts ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation offenbar zu teuer.Bisher haben nur etwa zwanzig dieses Hilfsmittel erworben, das in Spielhallen, Tankstellen und Geschäften schon verbreiteter ist.Schließlich werden auch sie von Räubern besucht: 47mal wurde 1996 eine Spielhalle in Berlin überfallen, ebenso oft eine Tankstelle und 420mal ein Ladengeschäft.

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