Schuldneratlas 2010: In Wedding ist jeder Fünfte überschuldet
In der Innenstadt haben 14 Prozent der Bewohner mit Schulden zu kämpfen. Am größten ist das Problem in Wedding, Neukölln und Tiergarten. In Zehlendorf ist dagegen nur etwa jeder 14. betroffen.
Jeder fünfte Weddinger ist überschuldet. 20,6 Prozent der Bewohner hier sind nicht mehr in der Lage, ihre Außenstände zu begleichen, mehr als in jedem anderen Berliner Stadtteil. Das steht im Schuldneratlas 2010 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. In der Rangliste der Stadtteile mit den meisten Schuldnern folgen Neukölln (18,3 Prozent) und Tiergarten (16,9 Prozent). Am niedrigsten ist die Quote in Zehlendorf. Hier ist nur etwa jeder 14. Bürger (7,1 Prozent) überschuldet. Auch in Steglitz (8,7 Prozent) und Köpenick (8,8 Prozent) konnten die Bewohner verhältnismäßig gut haushalten.
Insgesamt gelten 372 800 Berliner als überschuldet, das ist mehr als jeder zwölfte und 0,5 Prozent mehr als noch 2009. Zuvor war die Quote zwei Jahre in Folge gesunken. „Die Überschuldung hat sich weiter verschlechtert, aber nicht so dramatisch, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte Jochen Wolfram, Geschäftsführer von Creditreform Berlin, am Donnerstag. Die Konjunktur habe sich nach der Krise überraschend schnell erholt, durch das Kurzarbeitergeld seien nicht so viele Menschen arbeitslos geworden wie befürchtet. „Arbeitslosigkeit ist immer noch einer der Hauptgründe für Überschuldung“, sagte Wolfram. Überschuldet ist laut Creditreform, wer so hohe Schulden hat und so wenig verdient, dass er fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht nachkommen kann, oder kurz: wer dauerhaft mehr ausgibt, als er einnimmt.
Im Bundesdurchschnitt liegt Berlin auf dem vorletzten Platz. Nur in Bremen können die Menschen schlechter mit Geld umgehen. In den Städten sei die Überschuldung traditionell größer als auf dem Land, sagte Wolfram, weil es hier mehr Verlockungen gebe, Geld auszugeben. Inzwischen seien mehr Frauen als Männer überschuldet. Und: Die Schuldner würden immer jünger. Auffällig sei zudem, dass die wirtschaftliche Erholung nur jenen auf die Beine helfe, deren Lage ohnehin noch nicht verzweifelt sei. Die anderen hingegen würden immer mehr Schulden anhäufen. Wolfram appellierte an Politik, Schulen und Kindergärten: „Die Menschen müssen lernen, mit Geld umzugehen.“