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Informationsportal "Luise": Ein Stück Berlin verschwindet aus dem Internet

Das Stadtinformations-Portal „Luise“ ist abgeschaltet, weil den ehrenamtlichen Machern das Geld fehlt. Jetzt soll der Senat helfen.

Für geschichtsinteressierte Berliner und Touristen war die „Luise“ in den vergangenen Jahren eine feste Adresse im Internet – und eine äußerst ergiebige Quelle für Nachforschungen in der Vergangenheit der Hauptstadt. Das Online-Lexikon zur Berlin-Geschichte bot eine Stadtgeschichte mit Kalender-Suchfunktion, ein Verzeichnis sämtlicher Straßen und Plätze, Tipps für Fußwege und Informationen zu Wahrzeichen und Sehenswürdigkeiten.

Doch nun hat sich der Luisenstädtische Bildungsverein mit seinem eigenen Nachruf vorerst aus dem Internet verabschiedet. Der Zugang zu einer Auswahl aus 26566 (!) Stichwörtern zur Geschichte und Gegenwart der deutschen Hauptstadt unter der Adresse www.luise-berlin.de ist versperrt, stattdessen liest der erstaunte und verwöhnte Surfer auf einer selbst generierten Error-Seite: „Hunderttausende an Berliner Geschichte und Gegenwart Interessierte haben in den letzten Jahren unser Angebot gern und oft genutzt.“ Und die allwissende Luise, deren umfassendes Zugang zur Geschichte, Gegenwart und zu vielen handelnden Personen Berlins durch ehrenamtliche Arbeit aufrechterhalten wurde, lässt wissen: „Das ist für den Senat allerdings kein hinreichender Grund, uns mit der Bereitstellung finanzieller Mittel für das Betreiben dieser Internet-Seiten zu unterstützen. Wahrscheinlich ist Berliner Geschichte im Internet nicht „be Berlin“, heißt es sarkastisch.

Der Erfinder und Geschäftsführer des 1990 gegründeten Vereins, Hans-Jürgen Mende, der das Internetportal sperrte, will sich mit dem Blackout seiner Luise nicht abfinden. Der Verein des 63-jährigen Philosophen und Historikers benötigt „etwa 4000 bis 4500 Euro pro Jahr für Provider-Gebühren, Telefonkosten und Raummiete“, ein vergleichsweise geringer Betrag, zumal die Mitglieder des Vereins zumeist ehrenamtlich arbeiten. Mende hat in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister die wichtigsten Internet-Beiträge des Vereins aufgelistet. Dazu gehören eine Chronologie der Stadtentwicklung, das bekannte Straßennamen-Verzeichnis mit 14 000 Stichworten, umfängliche Bezirkslexika für Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf, die Geschichte von 950 Gedenktafeln, eine Berlin-Chronik mit 27 000 Fakten und die Porträts von 183 Bürgermeistern, die seit dem Mittelalter in dieser Stadt gewirkt haben. Gearbeitet wird derzeit am Bezirkslexikon für Pankow und an einem kulturhistorischen Wegweiser zu Berlins Friedhöfen und zu den Grabstätten berühmter Persönlichkeiten.

Dies alles sei, schreibt Mende, „unser Beitrag zu „be Berlin“. Früher halfen bei der Realisierung der Projekte Fördermittel des Senats und der Bundesanstalt für Arbeit als „ABM-Maßnahmen“, seit 2007 sind die Finanzquellen versiegt. „Wissenschaftliche Publikationen zur Geschichte Berlins haben zwar einen interessierten Leserkreis, allerdings reicht dieser nicht aus, die Drucklegung zu refinanzieren. Die Verlage scheuen immer mehr das Risiko, obgleich sie die Manuskripte ohne Honoraransprüche erhalten“. Klaus Wowereit wird nun gebeten, dem Verein bei der finanziellen Unterstützung für verschiedene stadthistorische Publikationen behilflich zu sein.

„Wir hoffen auf eine positive Antwort“, sagt der Chef vom Luisenstädtischen Bildungsverein und verweist darauf, was seine Mitglieder aus Lust, Liebe und Leidenschaft in den letzten Jahren zustande gebracht haben: „Wenn ich in eine Bibliothek gehe und sehe, welche Spuren wir hinterlassen – dann bin ich für einen Moment ganz stolz. Und traurig zugleich“.

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