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Innenansichten einer Box: Das Infocenter am Schlossplatz ist eröffnet

Am Eröffnungstag blieb die befürchtete Warteschlange vor der Humboldt-Box zunächst aus. Drinnen waren die ersten Besucher angetan. Ein Rundgang durch Mitmachzonen und Wunderkammern.

„Is noch ssu“, sagt Karl-Heinz Koch mit weichem z. Ex-Stahlbauer Koch aus Pankow, Jahrgang 38, ist hier der selbst ernannte Türsteher. Er will als Erster rein in die Humboldt-Box, die gleich öffnen soll. Drinnen sind schon Leute, Schlipsträger, eine zehnköpfige Delegation aus Baden-Baden, Freunde des Berliner Schlosses. Die durften vorher rein.

Eine Jetzt-geht’s-endlich-los-Stimmung ist zu spüren. Niemand mokiert sich über die Äußerlichkeiten der Box, das Klopsartige, die schrägen Fenster. Ist nicht mehr so wichtig. „Der Palast der Republik war ja auch hässlich“, sagt Koch und schreitet zur Besichtigung. In der ersten Etage wartet Gunther Kämmerer vom Förderverein, aufgeregt wie ein Knirps vorm ersten Schultag. Dass der Spendenautomat kaputt ist, statt Scheine nur noch Münzen verschluckt, kann seine Freude nicht trüben. „Wir besorgen Münzen zum Wechseln.“ Mit der Box als begehbarem Nachweis, dass das Humboldt-Forum kein Luftschloss bleiben wird, soll das Spendensammeln richtig in Fahrt kommen.

Im Erdgeschoss haben die Schlossförderer ein großes Modell vom unzerstörten Vorkriegsberlin aufgebaut. Die Delegation aus Baden-Baden, überwiegend Ruheständler, lauscht dem begeisterten Vortrag des Kunststudenten Marc Schnurbus von der Humboldt-Uni. Im dunklen Anzug nährt Schnurbus die nostalgischen Sehnsüchte seiner Zuhörer. Das Schloss sei ein „architektonisches Palimpsest“ gewesen, ein Langzeitbauwerk aus mehreren sich überlagernden Stilepochen und eben deshalb so wertvoll. Die Kuppel übrigens sei erst 120 Jahre später draufgesetzt worden.

Originalbauteile der neuen Fassaden sind zu sehen, Zeichnungen der unterschiedlichen Fenstertypen. Die Herkulesaufgabe, ein untergegangenes Bauwerk wiederherzustellen, wird nachvollziehbar. Und natürlich der Frevel des Abrisses.

In den oberen Etagen präsentieren die künftigen Nutzer des Humboldt-Forums, was moderne Museumspädagogik aus verstaubten Depots herausholen kann. Viele Videoterminals, Touchscreens und Akustikhäppchen sind im Angebot, Mitmachzonen für Familien, vom Sandmalkasten bis zum Akustikmemory. Ein digital angereicherter Spaziergang durch die Wunderkammern Berliner Museen. Das ist äußerst unterhaltsam, wenn auch nicht unbedingt nachhaltig bildend. Unter den Eröffnungsbesuchern ist Klaus Streckebach, ehemaliger Leiter des Technikmuseums. Er hält kritische Distanz zur Box, findet ihren Inhalt „optisch nett gemacht“, aber auch sehr abnutzungsanfällig. Der neue Schlossbau werde sich als Museum der außereuropäischen Kulturen ohnehin nicht bewähren, glaubt Streckebach, eher als neuer Standort für die Gemäldegalerie.

Der schönste Ort bei Nieselwetter ist die „Humboldt-Lounge“, eine Lümmelzone für Leseratten, Hörbuchfans und Filmegucker mit Panoramafenster zum Lustgarten. Im „Sonic Chair“ lassen sich 500 Musiktitel und 100 Filme abrufen, das reicht für einen mehrtägigen Boxaufenthalt.

Alois Czeslawa aus Reinickendorf gönnt sich mit seiner Frau einen Latte auf der Dachterrasse und schwärmt von der Box und ihren Aussichten auf den Nachfolgebau. „Ein Schritt in die richtige Richtung.“ Czeslawa, selbst aus der Baubranche, ist erklärter Fan historischer Baumeister. Die hätten nicht für die Brieftasche gebaut, sondern fürs Herz. Als der Baubeginn des Humboldt-Forums verschoben wurde, sei er ernsthaft verärgert gewesen. Die Diskussion über ein Weglassen der Kuppel hält er für verfehlt. Darin sind sich die meisten Schlossfans einig.

Bauherr Gerd Henrich von Megaposter erklärt den Auftakt seiner Box für gelungen. „Bis Mittag waren es rund 500 Besucher.“ Die typische Berliner Schlange vor Ausstellungseröffnungen war zwar ausgeblieben, das könnte sich aber schon am Wochenende ändern. Die Eventfläche in der vierten Etage hatte bereits Mittwochabend Premiere. Henrich sagt, er werde von Anfragen für Hochzeiten und Firmenfeiern überschüttet. Veranstaltungen sollen einen Teil der Bau- und Betriebskosten finanzieren. Bis 2018 rechnet Henrich mit Kosten von 15 Millionen Euro.

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