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Berlin: Installation "Lichtpyramide 2000" stößt auf schroffe Ablehnung - Domprediger fordert Abbau

"Betttuch", "Plane" und "Verschandelung" sind noch die mildesten Ausdrücke im Gästebuch des Berliner Doms. Andere Einträge fordern den Tod der Künstlerin, nennen das Objekt "Verarsche" oder stellen nüchtern fest: "8 Mark bezahlt und man kann die Kuppel nicht sehen.

"Betttuch", "Plane" und "Verschandelung" sind noch die mildesten Ausdrücke im Gästebuch des Berliner Doms. Andere Einträge fordern den Tod der Künstlerin, nennen das Objekt "Verarsche" oder stellen nüchtern fest: "8 Mark bezahlt und man kann die Kuppel nicht sehen." Nur wenige Eintragungen verteidigen die Installation der Textilkünstlerin Gabriela Nasfeter: Eine in der Kuppel aufgehängte Pyramide aus weißem Leinen, deren Spitze nach unten zeigt.

Nun ist das seit dem 30. April ausgestellte und auf sieben Wochen angelegte Projekt "Lichtpyramide 2000" gefährdet, denn am kommenden Dienstag entscheidet der Domverwaltungsrat über den Abbruch der Kunstaktion. Der Programmmacher des Kunstdienstes, Jürgen Rennert, macht dafür weniger die enttäuschten Besucherreaktionen, als den Gegenwind innerhalb der Domgemeinde verantwortlich: "Ablehnung gegen zeitgenössische Kunst hat es hier auch früher immer schon gegeben. Restaurieren ist der Geist des Hauses. Es gibt eine herzliche Unerfahrenheit bei aktuellen Themen, und es wird intrigiert." Manfred Richter, der verantwortliche Leiter des Kunstdienstes, sagt: "Wir brauchen einen Dialog zwischen Alt und Neu, deshalb dürfen wir heutige Künstler nicht vor der Tür lassen. Eine Kirche ist kein Museum und kein Denkmal."

Richter meint, dass es den Kritikern der Lichtpyramide nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk geht: "Der Dombaumeister Hoth und der neue Domprediger Hünerbein bemängeln, dass man die Mosaike in der Kuppel nicht sieht. Hünerbein hat in seiner Antrittspredigt am letzten Sonntag nur kurz und verächtlich über die Pyramide gesprochen.

Hünerbein hält dagegen: "Das Projekt war bei der Vorstellung anders geplant. So wie es heute ist, verdeckt es die Kuppel, stört den gesamten Raum und bereitet akustische Probleme." Er selbst und große Teile der Domgemeinde seien strikt gegen die Fortsetzung des Projektes. Nicht jedes Kunstwerk passe in jedes Gebäude."

Gabriele Nasfeters "Lichtpyramide 2000" wird gleichzeitig in Paris, Ulm und Breslau gezeigt und stieß dort überwiegend auf Zustimmung. Bei der Vorstellung des Kunstwerkes in Berlin nannte Kultursenator Christoph Stölzl die Pyramide "ein Zeichen der Abstraktion", das den "gegenreformatorischen Duktus des Hauses" auf den Kopf stellt. Kunstdienstleiter Richter sieht die Installation als siebenwöchige Verhüllung eingebettet in die liturgische österliche Zeit: "Die Künstlerin hat die archaische Form der Pyramide avantgardistisch umgekehrt. Aus dem Grab, dem Symbol des Todes, wird so ein Symbol des Lebens, der Auferstehung." Dazu Hünerbein: "Ich kann die von Herrn Richter beschriebene Symbolik nicht sehen."

Der Streit im Berliner Dom begleitet den fünfzigsten Geburtstag des Kunstdienstes, den die Evangelische Kirche der Union (EKU) 1950 gründete, um den Dialog zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst zu fördern. Ziel ist es, "die Sinne zu öffnen" und "mehr Spiritualität in den Gottesdienst zu bringen", sagt Manfred Richter, der den Kunstdienst seit fünf Jahren leitet.Jeden Mittwoch um 18 Uhr gibt es im Berliner Dom eine Kunstdienst-Andacht, die sich mit einem zeitgenössischen Kunstwerk beschäftigt.

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