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Berlin: Integration: Werbung fürs Deutschlernen

Auf dem Hof der Neumark-Grundschule in Schöneberg wird viel Türkisch gesprochen, etwas Jugoslawisch und Arabisch, aber immer weniger Deutsch. 89 Prozent der Schüler kommen aus Migranten-Familien.

Auf dem Hof der Neumark-Grundschule in Schöneberg wird viel Türkisch gesprochen, etwas Jugoslawisch und Arabisch, aber immer weniger Deutsch. 89 Prozent der Schüler kommen aus Migranten-Familien. Das ist die höchste Rate an einer Grundschule im gesamten Bezirk. Viele Schulanfänger sprechen nicht ausreichend Deutsch, um ihrem Lehrer folgen zu können. Darunter leiden ihre Bildungschancen. Deutsche Eltern befürchten außerdem, dass auch der Unterricht Schaden nimmt. Etliche melden ihren Nachwuchs daher woanders an.

Nun sollen die Migranten-Eltern stärker in die Verantwortung genommen werden. "Die beste Förderung ist, dass die Kinder die deutsche Sprache auch zu Hause sprechen", sagte am Mittwochnachmittag eine Lehrerin der Schule. Bezirksbürgermeister Dieter Hapel (CDU), der türkische Generalkonsul, Asim Temizgil, und die Ausländerbeauftragte des Bezirks, Emine Demirbüken, waren zu Gast, um sich ein Bild zu machen. Der Konsul kündigte an, Briefe an 5000 türkische Eltern zu schicken, um sie auf das Problem aufmerksam zu machen.

Die Schule im Schöneberger Norden werde schon seit Jahrzehnten von vielen Migranten-Kindern besucht, sagte die Schulleiterin Brigitte Behrendt. Etwa 250 der 424 Schüler seien türkischer Abstammung. Mittlerweile unterrichte das Kollegium bereits die Kinder ehemaliger Schüler. Ihre Hoffnung, dass sie besser Deutsch sprechen als ihre Eltern, sei enttäuscht worden, sagte Behrendt. Die oftmals geringe Bildung der Einwanderer sei bei Teilen der zweiten Generation leider immer noch vorhanden, sagte Emine Demirbüken.

Im Einzugsbereich der Schule träfen das Problem einer - unabhängig von der Herkunft - "sozial schwachen" Bevölkerung und das der Sprache zusammen, sagte Behrendt. Eine Ursache der Schwierigkeiten sei auch die Bürokratie, sagte Demirbüken. Migranten, die ihre Kinder an Schulen außerhalb des Einzugsbereich anmelden wollten, würden Steine in den Weg gelegt. Sie forderte mehr Flexibilität.

In der Neumark-Schule gibt es neun reine "Sprachförderklassen", in denen Ausländerkinder gesondert unterrichtet werden, zudem spezielle Deutschkurse für die besonders Schwachen. Damit seien "sehr gute Erfolge" erzielt worden, sagte eine Lehrerin. Kollegen bedauerten, dass es weitere Angebote, von denen auch Migranten-Kinder profitiert hätten, wie eine Schulstation und einen Hausaufgabenzirkel, wegen Geldmangels nicht mehr gebe.

Ein Knackpunkt ist aber auch das geringe Engagement der Eltern. Etliche Migranten-Kinder "kommen mit der deutschen Sprache nur in der Schule in Verbindung", sagte eine Pädagogin. Außerdem beteiligten sich zu wenige Migranten an Elternabenden. Man könne die Defizite "nicht auffangen, wenn Eltern ihre Schwellenangst vor der Schule nicht überwinden", sagte eine Kollegin.

Generalkonsul Temizgil kündigte an, einen türkischen Pädagogen zu suchen, der die "Elternarbeit" in der Neumark-Grundschule verbessern könnte. Außerdem soll es ein weiteres Treffen geben, diesmal mit den Eltern.

Tobias Arbinger

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