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Mangelware. Bei den Volkshochschulen sind kostenlose Deutschkurse über Monate ausgebucht. Migranten müssen nach Alternativen suchen – oder bis 2011 warten.

© Spiekermann-Klaas

Integrationskurse: Land fehlte Geld für kostenlose Deutschkurse - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren wurde für Integrationskurse so viel Geld ausgegeben wie nie zuvor. Trotzdem reichte das Geld nicht aus. Was Sidney Gennies darüber schrieb.

Der Bund investierte mit insgesamt 233 Millionen Euro deutschlandweit fast 34 Prozent mehr als im Vorjahr. Und auch der Berliner Senat machte 2,4 Millionen Euro zusätzlich für die Stadt locker. Trotzdem reicht das Geld nicht aus. Viele Migranten können aus finanziellen Gründen in diesem Jahr keinen Sprachkurs mehr absolvieren. Experten rechnen mit einer Wartezeit zwischen drei und sechs Monaten.

Wegen knapper Kassen hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits im Juli dieses Jahres eine Zulassungssperre für Integrationssprachkurse erlassen. Demnach dürften bis auf weiteres nur noch Teilnehmer zugelassen werden, die auch „einen gesetzlichen Anspruch“ darauf haben. Mit anderen Worten: Sprachkurse werden nur noch für diejenigen Zuwanderer bezahlt, die von den Behörden dazu verpflichtet werden. Wer sich freiwillig um eine Teilnahme bewirbt, kommt auf eine lange Warteliste oder muss die Kurse selbst zahlen. Das Problem wurde offenbar, weil nun die Anmeldephase für das Wintersemester an den Berliner Volkshochschulen (VHS) begann, die die größten Anbieter für Integrationssprachkurse in Berlin sind. Die VHS-Direktoren fürchten nun, dass viele Migranten von der Zulassungssperre entmutigt werden.

Nach einer Schätzung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes besteht allein in Berlin ein Finanzierungsdefizit von fast einer Million Euro. Das entspricht etwa 1000 Migranten, die vorerst keinen kostenlosen Kurs belegen können, sagt der Programmbereichsleiter der VHS-Mitte, Michael Weiss. Die Gebühr von 110 Euro pro Kurs könnten sich gerade die Familien, die es am nötigsten hätten, nicht leisten. Grund für die Sparmaßnahmen des BAMF sind dem Vernehmen nach deutschlandweit unerwartet hohe Ausgaben für die Fahrtkostenerstattung der Kursteilnehmer. Viel Geld fließt demnach an Flächenländer wie Bayern und Nordrhein-Westfalen ab, wo es lange Anfahrtswege zur nächsten Volkshochschule gibt. Wegen des gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs profitieren Stadtstaaten wie Berlin von diesen Geldern nicht. Da sie aber aus dem selben Fördertopf entnommen werden wie die Integrationskurse selbst, bleibt für den Sprachunterricht weniger übrig.

Bildungstaatssekretärin Claudia Zinke (SPD) forderte deshalb die Bundesregierung auf, nicht dort zu sparen, wo Integration funktioniere. Die Maßnahmen des BAMF seien „kontraproduktiv“. „Es kann nicht wahr sein, dass integrationswillige Migranten wieder fortgeschickt werden müssen“, sagte Zinke am Rande einer Veranstaltung zur Vorstellung des neuen Lehrplans der Elternsprachkurse in Mitte. Das Projekt, das in allen Fraktionen des Abgeordnetenhauses breite Zustimmung erfährt, soll jungen Eltern künftig neben Sprachfertigkeiten auch verstärkt kulturelle und gesellschaftliche Kenntnisse vermitteln. Von den Finanzierungsproblemen sind diese Kurse nicht betroffen. Für Elternteile mit Kleinkindern unter drei Jahren hat das BAMF eine Ausnahmeregelung getroffen. Sidney Gennies

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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