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Gemeinsam altern. Das Lore-Lipschitz-Haus in Lichtenrade gehört noch zur Awo und ist insolvent. Es könnte bald von Vivantes betrieben werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Interesse an Awo-Pflegeheimen: Bei den Alten will Vivantes vorn sein

Die Klinikkette Vivantes prüft die Übernahme von drei Awo-Pflegeheimen. Damit wäre sie der größte Einzelanbieter.

Der größte kommunale Klinikkonzern Deutschlands will weiter wachsen. Nach Tagesspiegel-Informationen plant das landeseigene Unternehmen, drei Häuser des angeschlagenen Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (Awo) zu übernehmen. Vier Awo-Einrichtungen mit insgesamt fast 1000 Beschäftigten hatten vor einigen Monaten Insolvenz angemeldet. Der Konkursverwalter der Awo-Häuser hatte sich an die Klinikkette gewandt.

Derzeit betreibt Vivantes in Berlin neun Kliniken und zwölf Pflegeheime. Bei einer Übernahme gewönne Vivantes zu seinen bestehenden 1700 Heimplätzen rund 400 hinzu und könnte so zum größten Anbieter der Branche in der Stadt werden. Zwar haben sich unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Berlin 40 Heime verschiedener Betreiber zusammengeschlossen, bei der Diakonie sind es immerhin 20 Häuser. Doch als Einzelbetreiber wäre Vivantes mit 15 Heimen der Platzhirsch. Der Klinikkonzern führt darüberhinaus Gespräche über die etwaige Übernahme zwei weiterer Heime.

Vivantes-Chef Joachim Bovelet sagte, er gehe davon aus, dass die Gespräche über die Awo-Häuser bald beendet seien: „Bis zur Aufsichtsratsitzung im Mai dürfte ein beschlussfähiges Papier vorliegen.“ Rechtsanwalt und Awo-Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus bestätigte lediglich, dass es mehrere Interessentengespräche gäbe. Klinikintern gilt die Übernahme als wahrscheinlich, etwaige Konditionen sind jedoch nicht bekannt. Grundsätzlich geht man bei Vivantes davon aus, künftig mehr stationäre Pflege anzubieten. Derzeit leben rund 27 000 Berliner in einem der 290 Pflegeheime der Stadt.

Insbesondere Neukölln dürfte für Vivantes interessant sein. Zum dortigen Ida-Wolff-Pflegewohnheim der Awo mit 200 Bewohnern gehört ein Geriatriezentrum – vom Senat als für die Versorgung der Stadt notwendiges Plankrankenhaus anerkannt –, das sich in unmittelbarer Nähe zur Neuköllner Vivantes-Großklinik befindet. Die Awo-Einrichtung passt als Erweiterung des Stammhauses. In einem zweiten Schritt hat Vivantes offenbar das Lore-Lipschitz-Haus in Lichtenrade und das Marie-Schlei-Haus in Reinickendorf im Auge. Das sanierungsbedürftige Franz-Neumann-Haus hat die Awo kürzlich geschlossen.

Obwohl die drei infrage kommenden Awo-Einrichtungen insolvent sind, werden regulär Löhne gezahlt, nachdem die Mitarbeiter zwischenzeitlich auf einen Teil ihres Einkommens verzichtet hatten. Je nach Schichten und Berufserfahrung bekommt eine Altenpflegerin zwischen 2000 und 2500 brutto im Monat, was weniger ist als bei Vivantes.

Bei den weiterhin liquiden Berliner Awo-Kreisverbänden stehen derweil Tarifverhandlungen an. Der Gewerkschaft Verdi zufolge haben die Beschäftigten seit 2002 keine Lohnerhöhungen erhalten. Verdi fordert 400 Euro Einmalzahlung und 3,6 Prozent mehr Gehalt für jeden Beschäftigten.

Vivantes ist finanziell stabil und schloss 2009 mit 2,6 Millionen Euro Überschuss ab. Vergangenes Jahr hat die Klinikkette nach Tagesspiegel-Informationen mehr als drei Millionen Euro Plus gemacht. Genaue Zahlen gibt es im Mai.

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