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Besucher auf der Internationalen Funkausstellung 2018 in Berlin.

© imago/Stefan Zeitz

Internationale Funkausstellung in Berlin: Reif für die Ifa?

Ob "Rundgang 60+" oder Haustiere überwachende Roboter - die IFA hat auch dieses Jahr einiges zu bieten. Eine Glosse.

Typisch Berlin: Alle kennen das Problem, aber es wird trotzdem immer schlimmer. Wer von S- oder U-Bahn zum Messegelände will, der muss durch die verwahrloste, dunkle Unterführung unter dem Messedamm. Dort sind von acht maßgeblichen Rolltreppen sechs außer Betrieb, davon zwei komplett ausgebaut. Das ist ungefähr so, als würde dem Besucher statt einer Visitenkarte ein vollgerotztes Taschentuch in die Hand gedrückt.

Die Ausstellung selbst ist natürlich in jeder Beziehung todschick. Das Wort des Jahres lautet „smart“ - würde ein entnervter Zauberer es komplett verschwinden lassen, fiele die komplette Ifa zu einem bunten Haufen Staub zusammen. Irgendwas heißt „ smart“ an praktisch jedem Produkt, das komplexer ist als eine Handy-Schutzhülle. Smart bedeutet: Mit riesigem Geld-, Zeit- und Installationsaufwand werden Dinge miteinander vernetzt, und zwar zu dem alleinigen Zweck, diesen Aufwand anschließend wieder einzuspielen. Was aber daran scheitert, dass diese Sachen auf der nächsten oder übernächsten Ausstellung schon wieder als total veralteter Kram gelten. Der deutsche Kunde kauft zwar gern „zukunftssicher“, gegenwärtig also 8K-TV, aber wenn die Zukunft dann endlich da ist, hat er längst was Neues, 16K vielleicht.

Auf der IFA begegnen wir in diesem Jahr auffällig viel Robotern. Da gibt es kleinere in klassischer Körperform, die zu fünft synchron tanzen können, und größere in Mülltonnen-Optik, die treuherzig gucken und was erledigen wollen; Aibo, der kleine Vierbeiner von Sony, ist inzwischen so lebensecht, dass er der Hundesteuer unterliegen dürfte. Wer aber all diesen Kreaturen sein Heim öffnen möchte, der braucht viel Platz, glatten Boden und die Hoffnung, dass sich die Geräte nicht gegenseitig massakrieren; auch zur Überwachung echter Haustiere gibt es übrigens Roboter.

Schlicht bis Augenkrebs

Wie läuft es sich durch die Hallen? Die Großen setzen auf Überwältigung in allen Farben und Formen, von ganz schlicht (Panasonic, LG) bis zum Gewimmel mit Augenkrebs-Tendenz (Telekom). Wer will, der findet an jedem Zugang irgendjemanden mit Tablet, der fragt, wie die Präsentation denn gefallen habe. Auch Michael Müller hat den amtlich vorgesehen Rundgang am Freitag absolviert – er ließ sich bei Philips beispielsweise darüber informieren, welche Geräte die Firma für den ruhigen und gesunden Schlaf anzubieten hat, im IFADeutsch: „Sleep and Respiratory Solutions“. Optimal für Berliner Senatoren!

Aber auch Energiesparen ist weiterhin im Trend, schon um den zusätzlichen Verbrauch all der neuen Geräte ausgleichen zu können. Es gibt jetzt also zum Beispiel bei LG Kühlschränke mit Glastür, die auf zweimaliges Klopfen innen das Licht anmachen, ohne dass Kälte entweicht. Nur das Sachenrausholen geht noch nicht ohne Türöffnen – und sollte der smarte Kühlschrank sich nicht schon seit Jahren selbst befüllen? Wer das alles nicht mehr begreift, aber trotzdem nicht zum alten Eisen gehören will, der kann sich dem „Rundgang 60+“ anschließen, der feinsinnig „Reif für die Ifa“ heißt und häufig Station dort macht, wo Geräte zur Kontrolle von Körperfunktionen erklärt werden – zu erkennen an den Fotos topfitter silberhaariger Model-Männer.

Immer, wenn das Alter der Besucher hingegen abrupt absackt, geht es todsicher um Videospiele, das wirkt so, als ende die Begeisterung für diesen Zeitvertreib genau zwischen dem 23. und 24. Geburtstag. Möglicherweise irgendwie ferngesteuert? Übrigens ist auch das Bundesamt für Strahlenschutz auf der Ifa mit einem Stand vertreten. Eventuell gibt es dort einen formschönen Aluhut zum unbeschadeten Gang durch die Hallen.

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