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Muslimisches Recht steht im Einklang mit dem Grundgesetz, meint der deutsche Muslim Uwe Wagishauser.

© Reuters

Interreligiöser Dialog: Scharia und Grundgesetz sind vereinbar

Ein Christdemokrat und zwei Muslime unterhalten sich über ein konfliktreiches Thema - da erwartet man ein Streitgespräch. Stattdessen beherrschte vor allem eines die Debatte am Mittwochabend: die Einigkeit über das Gebot der Gewaltfreiheit.

Das las sich nach Provokation: „Scharia und deutsches Grundgesetz – Widerspruch oder Einklang?“ Über diese Frage wollten am Mittwochabend zwei Muslime und ein Christdemokrat debattieren: der Imam der Pankower Ahmadiyya-Gemeinde, Abdul Tariq, der Präsident der deutschen Ahmadiyya-Gemeinden, Abdullah Uwe Wagishauser – und der CDU- Mann Burkard Dregger, einer der Autoren des Integrationskonzepts seiner Partei. Doch ein Streitgespräch wurde nicht daraus – zu gut verstanden sich die drei, zu nah waren sei beieinander.

Dabei war die Pankower Moschee vor ein paar Jahren noch Explosivstoff für die Berliner CDU gewesen: Der Bau des Gebetshauses mit Minarett in der Tiniusstraße rief 2006 eine CDU-gestützte Bürgerinitiative auf den Plan; der frische Spitzenkandidat Friedbert Pflüger, eigentlich ein Integrationsbefürworter, positionierte sich unglücklich gegen die konsensbedachten Ahmadiyya-Leute.

Jetzt saßen Imam Tariq, der deutsche Muslim Wagishauser und Dregger einträchtig und schuhlos im Gebetsraum der Moschee unter dem Motto der Glaubensgemeinschaft, das in grüner Schrift zu lesen war: „Liebe für alle, Hass für keinen“. Über dem Minarett heulten die Passagiermaschinen zum Flughafen Tegel, und nur wer Muslime prinzipiell für attentatsversessen hält, könnte auf den Gedanken kommen, dass sich vom Dach der Moschee größter Unfrieden stiften ließe.

Tatsächlich dürfte der Hauptgrund für die friedlich-freundliche Gesprächsatmosphäre in der Überzeugung der Ahmadiyya liegen, dass Gewalt falsch ist. Sie setzen auf Mission, nicht auf Zwangsbekehrung. So geriet den drei gläubigen Diskutanten der Mittwochabend vor mehr als fünfzig Gemeindemitgliedern und -freunden zum Werte-Konsens-Gespräch. Imam Tariq beschrieb seine Religion als ein menschenfreundliches Bekenntnis zur Barmherzigkeit und – jawohl, dazu gebe es mindestens zwanzig Koranverse – zur Meinungs- und zur Religionsfreiheit, von seiner Frauenfreundlichkeit ganz abgesehen.

Dregger, der den Imam angeblich von anderen Begegnungen kennt und schätzt, breitete daneben die in der Verfassung beschriebenen Grundrechte aus, die er lieber „Grundwerte“ nennt: Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und so weiter. Dann marschierte er durch die deutsche Geschichte mitsamt ihrer christlichen Prägung – ein bisschen Konflikt muss sein – und sagte: Wer die Grundwerte teile, „der ist auch willkommen“.

"Es soll keinen Zwang geben im Glauben", sagt Uwe Wagishauser, Muslimenvertreter.
"Es soll keinen Zwang geben im Glauben", sagt Uwe Wagishauser, Muslimenvertreter.

© Kai-Uwe Heinrich tsp

Dass Scharia und deutsche Gesetze in „Einklang“ zu bringen sind, bekräftigte der zum Islam bekehrte Altachtundsechziger Wagishauser: Er lebe nach der Scharia und sei noch nie in Konflikt mit einem Gesetz geraten, so der humorbegabte Asket: „Es soll kein Zwang sein im Glauben.“ Die Scharia, das religiöse Recht des Islam, könne man nämlich „nach den Buchstaben“ oder metaphorisch verstehen. Für Wagishauser hat sie jedenfalls nichts mit Gewalt zu tun.

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