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Interview: Ein Psychologe betreut 6300 Schüler

Klaus Seifried, Leiter des Schulpsychologischen Beratungszentrums Tempelhof-Schöneberg, fordert Unterstützung für Lehrer.

Herr Seifried, zwei bis drei Schüler einer Klasse sind psychisch auffällig. Überrascht Sie dieses Ergebnis?

Nein. Viele Schüler brauchen psychologische Betreuung. Lehrer leisten in der Schule viel Erziehungs- und Integrationsarbeit. Sie benötigen aber mehr Unterstützung. In Berlin betreut ein Schulpsychologe 6300 Schüler. Internationaler Standard ist 1:1000 bis 2000.

Wie gehen Sie mit diesem Mangel um?

Wir kooperieren eng mit Sonderpädagogen, dem Jugendamt, Therapeuten und Kliniken, bei Gewaltvorfällen mit der Polizei. Leider sind die Wartezeiten sehr lang, und wir lassen Lehrer, Eltern und Schüler zu oft mit den Problemen allein.

Was sind die Gründe für die Probleme der Schüler?

Zum einen fehlt vielen Eltern die Zeit oder die Kraft, ihre Erziehungsaufgaben ausreichend wahrzunehmen, ihren Kindern Grenzen zu setzen, mit ihnen über Probleme zu sprechen. Auch Armut spielt eine Rolle. Vielen Kindern fehlen schon im Vorschulalter Anregungen, Gespräche, Spiele, Bewegung und Erfahrungen.

Was können Schulen und Politik tun, um die Situation der Schüler zu verbessern?

Schulen brauchen ein Bündel von Maßnahmen: Klare Regeln, Schulstationen, Ganztagsbetrieb mit Essen, Bewegungsspielen und die Verzahnung von Unterricht und Freizeit, Beratung durch Schulpsychologen, Sonderpädagogen und Sozialarbeiter. Ganz wichtig: die Elternarbeit.

Jeder zweite Schüler war schon einmal mit Mobbing konfrontiert.

Aggressionen und Konflikte sind normal, wenn Kinder und Jugendliche auf engem Raum miteinander lernen. Viele Schulen haben Konfliktlotsen ausgebildet, denn je besser das Schulklima ist, desto besser sind die Leistungen der Schüler.

Klaus Seifried ist Leiter des Schulpsychologischen Beratungszentrums Tempelhof-Schöneberg. Über die zunehmenden Probleme im Schulalltag sprach er mit Anja Brandt.

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