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Berlin: Interview: Eine linke Geschichte

Hinter dem Schreibtisch hängt ein Bild des russischen Konstruktivisten El Lissitzky. "Roter Keil trifft auf weißen Kreis", sagt Heidi Knake-Werner.

Hinter dem Schreibtisch hängt ein Bild des russischen Konstruktivisten El Lissitzky. "Roter Keil trifft auf weißen Kreis", sagt Heidi Knake-Werner. "Das passt doch." Vor knapp zwei Wochen hat die 58-Jährige ihr Büro an der Oranienstraße bezogen. Die neue Senatorin für Gesundheit und Soziales hat eine bewegte politische Karriere hinter sich. Nach ihrer Vorstellung als Senatskandidatin blieb in der Öffentlichkeit vor allem hängen, dass die PDS-Frau in den 80er Jahren in Bremen Mitglied und Funktionärin der DKP war und dort bis zum bitteren Ende 1989 blieb.

Auf Fragen zu ihrer politischen Vergangenheit reagiert die schmale Frau mit dem Kurzhaarschnitt gelassen. Damit rechnet sie, zumal in Berlin, wo die Fronten schärfer verliefen als anderswo. Also erzählt sie von ihrer Politisierung während des Soziologiestudiums in den Sechzigern, ihrem Eintritt "in die SPD Willy Brandts", ihrem Engagement in Oldenburg. Aber schon nach wenigen Jahren begann für sie die Entfremdung von der Partei. "Ich habe das Verbot der SPD, mit der DKP zusammenzuarbeiten, als undemokratisch empfunden", sagt sie. Hinzu kamen die Berufsverbote. Viele ihrer Bekannten verloren ihren Job im Schuldienst. Auch ihr damaliger Freund und späterer Ehemann Harald Werner, der seit Anfang der 70er Jahre in der DKP war, war betroffen. Zum endgültigen Bruch kam es 1980, als nach der Teilnahme an einer Demonstration gegen ein Öffentliches Gelöbnis zuerst ihr Parteiausschluss, später das mildere Funktionsverbot beschlossen wurde.

Für sie als dogmatische Linke war der Eintritt in die DKP folgerichtig. Ob die Strukturen dort denn demokratischer waren? "Ich habe es damals jedenfalls nicht als undemokratisch empfunden." Manche Widersprüche drängte sie beiseite. Die zwiespältige Haltung der DKP in der Anti-Atom-Bewegung etwa. "Warum sollten die Atomkraftwerke in der Sowjetunion besser gewesen sein als die kapitalistischen", sagt sie heute. Dieses wollte Knake-Werner spätestens nach Tschernobyl 1986 auch nicht mehr akzeptieren. 1988, nach der Rückkehr von einem einjährigen Studium in Moskau, war sie unter dem Eindruck von Glasnost fest entschlossen, mit anderen die DKP zu erneuern und zu demokratisieren. Zum Bruch mit der Partei kam es aber nicht. 1989 gehörte sie dann zu den Auflösern der DKP.

Beinahe nahtlos trat sie in die PDS ein und fasste dort schnell Fuß. Zunächst arbeitete sie als Assistentin für die Berliner Bundestagsabgeordnete Petra Bläss, gelangte in den Vorstand und ins Präsidium. Auch ihr Mann Harald ist heute im PDS-Bundesvorstand aktiv. 1994 vertrat Knake-Werner, obwohl bis vor zwei Jahren weiter in Bremen zu Hause, den Wahlkreis Aschersleben und kam über die Landesliste Sachsen-Anhalts in den Bundestag. Ihre Schwerpunkte da waren die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Zuletzt war sie zur parlamentarischen Geschäftsführerin aufgestiegen. Ihren ehemaligen Wahlkreis will sie demnächst besuchen: "Die sind stolz darauf, dass ihre Heidi etwas geworden ist."

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