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Innensenator Frank Henkel zieht den Hut vor Sozialsenator Mario Czaja.

© Picture Alliance / dpa

Interview mit Berlins Innensenator Frank Henkel: "Ich lasse mich nicht von Herrn Schulz erpressen"

Ginge es nach CDU-Innensenator Frank Henkel würde das Flüchtlingscamp am Oranienplatz geräumt. Doch Franz Schulz duldet es - und missbraucht damit seine Machtposition als Bezirksbürgermeister, sagt Henkel im Interview. Außerdem spricht er über die Residenzpflicht, Asylpolitik und warum er den Hut vor Sozialsenator Czaja zieht.

Von Sabine Beikler

Herr Henkel, haben Sie Verständnis für das Anliegen der Flüchtlinge im Camp, die Residenzpflicht bundesweit abzuschaffen?

Verständnis ja, aber ich sehe dafür keinen Spielraum. Unser Land bietet Asylsuchenden Zuflucht und ein faires Verfahren. Die Residenzpflicht hilft uns, das hohe Flüchtlingsaufkommen zu bewältigen und eine regionale Verteilung sicherzustellen. In vielen Bundesländern ist die Residenzpflicht bereits relativ weit gefasst, zwischen Berlin und Brandenburg sogar länderübergreifend. Eine bundesweite Abschaffung lehne ich jedoch entschieden ab.

Sie haben Ihre Absage an den Runden Tisch damit begründet, dass das Camp rechtswidrig aufgebaut wurde und Bezirksbürgermeister Franz Schulz diesen Zustand verantworte. Trotzdem gibt es ein Problem. Warum ziehen Sie sich als Senatsvertreter aus der Verantwortung zurück?

Ich ziehe mich nicht aus der Verantwortung zurück. Ich lasse mich aber auch nicht von Herrn Schulz erpressen. Er hat deutlich gemacht, dass die Camp-Bewohner solange bleiben können, wie sie wollen, und sie wollen solange bleiben, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Und wer nicht zum Runden Tisch komme, provoziere eine Eskalation. Das kann keine Grundlage für ein Gespräch sein. Schulz muss die rechtswidrigen Zustände beenden, dann setze ich mich gerne mit ihm an einen Tisch.

Es gibt Probleme zwischen Anwohnern und den Flüchtlingen. Warum kann man nicht über Lösungswege nachdenken?

Es sind genau diese Spannungen, aber auch die hygienischen Zustände am Oranienplatz, die mich besorgen. Sie sind weder im Interesse der Flüchtlinge noch der Anwohner. Herr Schulz weiß genau, dass die Landesebene nicht handeln kann, solange er das Camp duldet. Diese Machtposition missbraucht er. Schlimmer noch, er instrumentalisiert Flüchtlinge und ihre Schicksale. Wir haben die Lage aber im Blick und werden den öffentlichen Druck aufrecht erhalten.

Könnten Sie sich einen anderen Ort für die Flüchtlinge vom Oranienplatz vorstellen?

Wir stellen in Deutschland geeignete Unterkünfte bereit. Es muss niemand in einem Zelt auf der Straße leben. Im Fall der meisten Camp-Bewohner stellt sich jedoch gar nicht die Frage, wo wir sie in Berlin unterbringen, weil sie aus anderen Bundesländern kommen.

Berlin erwartet 5000 Asylbewerber in diesem Jahr. Aber es fehlen Heime, deren Einrichtung zum Teil von Stadträten auch mit CDU-Parteibuch blockiert werden. Finden Sie dieses Verhalten in Ordnung?

Das ist keine Frage des Parteibuchs. Auch in CDU-geführten Bezirken werden zusätzliche Plätze gesucht. Alle wissen, dass wir das Aufkommen nur bewältigen können, wenn alle mithelfen. Sozialsenator Czaja hat eine schwierige Aufgabe, aber er kommt gemeinsam mit den Bezirken Stück für Stück voran. Davor ziehe ich den Hut.

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