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Rekordverdächtig.1666 Papierflieger sollten 2008 in Gausbach weiter als fünf Meter fliegen, einer mehr als in Hongkong. Leider schafften es lediglich 1015.

© Uli Deck/dpa

Interview mit dem Meister: Wie baut man den perfekten Papierflieger?

Weltrekorde gibt es ja aller Art - aber im Papierflugbau? Knapp 70 Meter flog der Flieger der Amerikaner Joe Ayoob und John Collins im Februar 2012. Der deutsche Meister Kai Wicke verrät uns im Interview, wie der perfekte Papierflieger aussehen muss.

Seit 16 Jahren ist er Segelflieger und Fluglehrer. Mit der Weite von 34,82 Metern gewann er am 29. April 2006 die Deutsche Meisterschaft im Papierfliegerwerfen. Bei der folgenden WM in Salzburg erreichte er neben 48 Konkurrenten die bis heute gültige deutsche Rekordweite von 37,36 Metern und belegte damit Platz sechs.

Wie kommt man auf die Idee, an einem Papierflieger-Wettbewerb teilzunehmen?

2006 hingen an unserer Uni Plakate für einen solchen Wettbewerb aus, der von Red Bull veranstaltet wurde. Ich wollte eigentlich gar nicht mitmachen, weil ich dachte, Papierfliegerfalten ist eher was für kleine Kinder. Meine Kommilitonen haben mich dann aber überzeugt, und ich habe einen Flieger, den ich noch aus der Grundschule kannte, gefaltet. Ich habe ihn geworfen und er ist quer durch die Halle geflogen. So ging das los. Ich habe den Vorentscheid in der Abfertigungshalle des Flughafens Tempelhof gewonnen, danach die Deutschen Meisterschaften, und dann ging es zur Weltmeisterschaft nach Salzburg.

Wie sah der Wettbewerb aus?

Der Mann mit seinem Flieger. Kai Wicke hat an der TU in Berlin Luft- und Raumfahrt studiert und arbeitet seit 2009 am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt DLR in Hamburg.
Der Mann mit seinem Flieger. Kai Wicke hat an der TU in Berlin Luft- und Raumfahrt studiert und arbeitet seit 2009 am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt DLR in Hamburg.

© DLR

Man hat drei Versuche zum Werfen, der beste zählt. Man kann das Flugzeug auch zwischendurch wechseln. Bei den Deutschen Meisterschaften war es so, dass es aus jedem Bundesland einen Teilnehmer gab, der den Vorentscheid auf Landesebene gewonnen hat.

Und danach bist du zur WM gefahren?

Die war eine Woche später in Salzburg im Hangar von Red Bull. Dort war aus fast jeder Nation der Welt ein Teilnehmer pro Disziplin vertreten: Weitflug, längste Flugzeit und Kunstflug. In den einzelnen Wettkämpfen unterscheiden sich auch die Flugzeuge. Bevor man sich fragt, wie das perfekte Papierflugzeug aussieht, muss man sich erstmal überlegen, was man erreichen will, weit werfen oder vielleicht einen Kunstflug machen.

Ich habe beim Weitwurf teilgenommen.

Nach welchen Kriterien wird bei einem Kunstflug bewertet?

Welche Loopings er fliegt und welche anderen Figuren. Eine Jury bewertet den Flug. Das ist eine sehr subjektive Bewertung im Vergleich zu den anderen Disziplinen, bei denen Zeit oder Entfernung gemessen wird.

Nochmal rückblickend auf die Deutsche Meisterschaft. Hast du dich irgendwie vorbreitet?

Kai lacht. Ich habe viel gefaltet, viel geworfen und vieles ausprobiert.

Du sagtest bereits, dass du als Grundentwurf deinen Papierflieger aus der Grundschulzeit genommen hast. Bist du ein Typ, der früher den Flieger durch den Klassenraum hat segeln lassen?

Er lacht wieder. Nein, wir haben uns früher auf dem Schulhof die Flieger hin und her geworfen, also auch richtig auf Entfernung. In der Uni haben wir das dann noch mal gemacht. Mein Flieger ist mit Abstand am weitesten geflogen, die Länge der Aerodynamikversuchshalle reichte gar nicht aus. Der Flieger ist an die Wand geflogen, obwohl die Halle etwa 25 Meter lang ist. Ab dem Moment stand fest, dass ich bei dem Wettbewerb mitmache.

Worauf kommt es beim Papierfliegerbauen an? Was für Material verwendet man am besten?

Din-A4 Papier, Gewicht 80g/qm. Das ist ganz normales Kopierpapier. Wenn man dickeres Papier verwendet, ist das auch schwieriger zu falten. Das kann am Ende wenig hilfreich sein. Zu leicht sollte es aber auch nicht sein, dann fehlt dem Flieger Stabilität.

Auf der nächsten Seite verrät uns Kai seine Technik. "Ich falte. Mehr nicht"

Der Mann mit seinem Flieger. Kai Wicke hat an der TU in Berlin Luft- und Raumfahrt studiert und arbeitet seit 2009 am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt DLR in Hamburg.
Der Mann mit seinem Flieger. Kai Wicke hat an der TU in Berlin Luft- und Raumfahrt studiert und arbeitet seit 2009 am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt DLR in Hamburg.

© DLR

Bevorzugst du Kleben und Schneiden oder das reine Falten?

Einreißen, kleben und schneiden war in meiner Disziplin nicht erlaubt. Ich habe daher auch gar keine Erfahrung, wie man einen Flieger damit modifizieren könnte. Ich falte. Mehr nicht.

Wie sieht das aus?

Das kommt drauf an, was man machen will. Wenn man wie ich möglichst weit werfen will, dann müssen die Tragflächen eher klein und das Flugzeug muss richtungsstabil sein. Man will ja in eine gewisse Richtung werfen, es sollte nicht abdrehen und eine Kurve fliegen. Deshalb muss man möglichst akkurat falten, also schön sauber, damit es symmetrisch ist.

Gibt es etwas, was ihn in der Feinjustierung zum perfekten Flieger macht?

Es gibt Feinheiten, dass man zum Beispiel die Tragflächen außen hochklappen kann. Das gibt ein bisschen Richtungsstabilität. Manchmal kann man am Rumpf – Zwickel wird der genannt - den Schwerpunkt verlagern. Manchmal hilft es auch einfach, fünf, sechs Flugzeuge zu basteln und zu gucken, welches am besten fliegt.

Ein zweiter wichtiger Teil beim Papierfliegerweitwurf ist die Wurftechnik. Mit welchem Winkel und welcher Kraft sollte man den werfen? Welche Flugkurve sollte der Flieger beschreiben?

Normalerweise wirft man im Winkel von 30 bis 45 Grad. Die Technik ist im Prinzip wie beim Ballwerfen. Ich habe früher Speerwerfen gemacht, deshalb habe ich wahrscheinlich einen Vorteil. Man wirft einfach so fest, wie man kann. Die Flugkurve ist abhängig von der Art des Fliegers. Einen Flieger mit Tragflächen wirft man erstmal hoch und er gleitet die letzte Strecke. Oder man hat Papierflieger, die ballistisch fliegen und wie ein Dartpfeil aussehen. Die wirft man im Winkel von 45 Grad hoch und sie fliegen in einer Parabel.

Wie sieht für dich ein perfekter Papierflieger aus?

Man muss immer versuchen sauber zu falten. Alles muss symmetrisch aussehen. Je kleiner das Flugzeug ist, desto stabiler ist es. Wenn ich ihn weit werfen möchte, sollte er möglichst pfeilförmig aussehen mit kleinen Tragflächen. Für jeden Zweck gibt es einen anderen Papierflieger.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg noch!

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Henrik Hölzer

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