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Interview: Nackte Haut und Glitzerburkas

Die Popsängerin Peaches feiert am Freitag mit ihrem Musical "Peaches Does Herself" Premiere. Im Interview verrät sie, warum dieses Musical nie am Broadway laufen könnte.

Auf der Internetseite vom Hebbel Am Ufer wird „Peaches Does Herself“ beworben als „ein Musical, das niemals am Broadway laufen könnte“. Was hat das zu bedeuten?

Die Aufführung ist zu seltsam und verquer, um am Broadway jemals Geld einzuspielen. Ich würde auch nicht von einem Musical sprechen, sondern von einer Elektro-Rock-Oper. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber es wird von allem etwas geben: eine Liebesgeschichte, Hindernisse, Erkenntnisse, viel nackte Haut, pinkes Spandex und eine Geschlechtsumwandlung.

Eine Geschlechtsumwandlung?

Ja. Ich habe eine Rolle für den transsexuellen Danni Daniels geschrieben, der letzten Sommer nach einem Konzert auf mich zu kam. Er erzählte mir, dass er seinen ersten Sex mit 15 auf einem Pick-up- Truck hatte, während meine Musik lief. Dann zeigte er mir seine Brüste. Seither ist er Teil meiner Shows. Als ich mir mal mein Fußgelenk verstaucht hatte, karrte Danni mich im Rollstuhl über die Bühne.

Das Ganze ist ein Zwei-Personen-Stück?

Nein. Ich werde von meiner Band Sweet Machine und acht Tänzern begleitet. Außerdem gibt es wie in „Grease“ passend zu Danni eine Sandy. Die Rolle unserer Sandy übernimmt Sandy Kane – eine amerikanische Stripperin und Komikerin. Sie ist jenseits der 65, und ich bewundere sie sehr. Sie fühlt sich wohl in ihrem Körper, und nimmt sich nicht allzu ernst. In vielem ähnele ich ihr.

Inwiefern?

Ich bin Anfang 41, und manchmal frage ich mich: Wäre ich eine Generation früher geboren – wäre ich dann jetzt wie Sandy? Oder ist sie meine Zukunft? Ich wollte sie unbedingt dabeihaben, weil sie für vieles steht, was mich momentan beschäftigt: Die Neudefinition von Schönheit, Alter und Körpergefühl.

Die Requisiten, mit denen ihr Stück ausgestattet ist, machen jedem Sexshop Konkurrenz.

Ein Londoner Label für Designersexspielzeug sponsert die Show. Vieles bekomme ich aber auch geschenkt, zum Beispiel bei Konzerten. Aus den ganzen Sachen, die mir bislang auf die Bühne geworfen wurden, habe ich eine Kunstinstallation gemacht. Man muss sich das als eine riesige Höhle aus BHs, Unterwäsche, Bannern mit meinen Songtexten und Gummigenitalien vorstellen. Momentan wird die Installation in Korea ausgestellt.

Auf der Bühne wird man auch einen Tänzer sehen, der eine Art Glitzerburka trägt.

Die Glitzerburkas sind nur ganz kurz zu sehen. Sie sind eine Reverenz an das Cover meines vorletzten Albums „Impeach My Bush“, das 2006 erschienen ist: Es zeigt mich in einer paillettenbesetzten Burka. Das Musical ist die Zusammenfassung meiner bisherigen Karriere. Wenn man so will, habe ich mein Werk zerpflückt und zu etwas Neuem zusammengefügt. Mit meinem Team habe ich 22 Songs überarbeitet und sie so aneinandergefügt, dass sie eine Geschichte ergeben.

Wie nah an Ihrem wahren Leben ist „Peaches Does Herself“?

Es beginnt semiautobiografisch damit, dass ich im Bett liege und Beats bastele. Dann driftet das Stück in eine fantastische Situation ab. Ich werde in eine Geschichte eingesogen, von der die Leute wünschen, mein Leben wäre tatsächlich so: überlebensgroß, immer einen Schritt über das Limit hinaus.

Geht es überhaupt noch einen Schritt weiter? Schmutzige Texte, freizügige Shows, Tabubrüche – das alles ist man von Ihnen gewohnt. Auf Ihrer Myspace-Seite führen die Figuren der Muppetshow Ihren Song „Fuck the Pain away“ auf. Ihr Publikum werden sie kaum noch schockieren können.

Ich habe mich selbst und das, was ich tue, noch nie als schockierend empfunden. Ich hoffe, dass es den Leuten, die meine Musik hören und in meine Shows kommen, eines Tages ebenso geht. Ich will einfach, dass sie mein Werk genießen und sich einbezogen fühlen.

Man könnte den Eindruck bekommen, es würde Sie nerven, dass man von Ihnen immerzu Provokationen erwartet. Wünschen Sie sich manchmal, dass sie einfach nur nach Ihrem Lieblingsessen gefragt werden oder nach dem Viertel, in dem Sie wohnen?

Das wäre etwas Abwechselung. Zur Zeit bin ich übrigens ganz versessen auf vietnamesische Currys. Und ich wohne in Prenzlauer Berg.

Die Fragen stellte Wlada Kolosowa.

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