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Berlin: Investor plant ein Kaufhaus mit Veranstaltungszentrum im seit Jahren geschlossenen "Prälat Schöneberg"

Dämmerlicht im alten Saal, es riecht muffig. Am Bühnenrand ist ein altersschwacher Flügel auf die zwei Beine gekippt, die er noch hat.

Dämmerlicht im alten Saal, es riecht muffig. Am Bühnenrand ist ein altersschwacher Flügel auf die zwei Beine gekippt, die er noch hat. Ein Mann in Schwarz wummert auf die Tasten und hundert schiefe Töne hallen durchs Gemäuer. Der Mann heißt Otto Edel und ist als Schöneberger Bezirksstadtrat für Wirtschaft und Stadtentwicklung verantwortlich. Es ist kalt, der Atem malt weiße Wölkchen in die Luft, Feuchtigkeit kriecht selbst durch dicke Mäntel und Anoraks, Händereiben hilft nichts. Im "Prälat" an der Hauptstraße ist seit Jahren nicht geheizt worden. Von den Decken bröckelt Farbe, an den Wänden löst sich die Täfelung, auf den Fußböden liegt Schutt und Abfall. Vor zwölf Jahren tanzten festlich gekleidete Paare zum letzten Mal Foxtrott und Walzer. Nach dem Fest schlossen sich die Türen des bekannten Ballhauses mit den damals noch recht respektablen Sälen. Es gab mehrere Anläufe, den Prälat für die 90-er Jahre zu retten. Alle scheiterten.

Dieser Donnerstag ist kalt und trübe, doch für den Sozialdemokraten Otto Edel ist es ein guter Tag: Edel hat soeben den größten Coup seiner mehrjährigen Amtszeit gelandet. Oder besser: Er könnte ihn gelandet haben, wenn mit dem neuen Investor und dem alten Eigentümer des "Prälat" an der Hauptstraße alles gut geht. "Wir investieren 200 Millionen Mark", sagt Jürgen Teuchert, der Vorsitzende der Hamburger Immobilien Team Consulting GmbH. Teuchert hat große Pläne: Er will den "Prälat" in ein Orientalisches Kaufhaus und Veranstaltungszentrum mit vier Etagen verwandeln, mit Basar, türkischem Bad, Handwerkerständen und vielen kleinen Kneipen mit dem Flair des Nahen Ostens. Und es muss gar nicht nur der Nahe Osten sein. Teucherts Vermieter verhandeln eigenen Angaben zufolge bereits mit Firmen aus Japan und China. Mit seinem Projektentwickler Wolfgang Giloy und dem Berliner Architekten Roman Meyer hat sich Teuchert auf den Arbeitstitel "Orienta" geeinigt. Als Baubeginn ist der 1. Oktober 2000 anvisiert. Architekt Meyer hat noch keine Fassaden gezeichnet, dafür ist es noch zu früh. Fest steht nach Meyers Worten, dass die denkmalgeschützten Säle - der Bankett- und der Wappensaal - erhalten bleiben. Sie werden Teil eines vierstöckigen Neubaus mit 35 000 Quadratmeter Nutzfläche. Daneben wird ein Parkhaus mit 360 bis 400 Stellplätzen gebaut. Die unansehnliche Parkpalette mit den zwei Parkdecks wird abgerissen. An ihrer Stelle soll es künftig einen Park geben, 110 Meter lang und 25 Meter breit. Die Grünanlage ist auch als Durchgang zwischen Haupt- und Feurigstraße gedacht.

Jürgen Teuchert kann reden. Er hebt die Arme und ruft "Orienta". Mit etwas Fantasie kann man sich Stimmengewirr vorstellen oder den Duft von Gewürzen schnuppern. Doch Skeptiker erinnern sich noch sehr genau an den Herbst 1998, als der Kinogigant UCI seine Pläne für ein Multiplex-Großkino zurückzog. Teuchert beeindruckt das nicht. Er war mit Projektentwickler Wolfgang Giloy und Vertretern der Eigentümerin, der Unternehmensgruppe Franke, beim Notar. Der setzte einen Kaufvertrag für das 11 000 Quadratmeter große Grundstück auf und seit der Unterzeichnung kann die Franke-Gruppe eigentlich nicht mehr zurück. "Über den Kaufpreis für das Grundstück haben wir Stillschweigen vereinbart", sagt Wolfgang Giloy. Ein paar Meter weiter steht Otto Edel, klopft sich Farbe vom Ärmel und freut sich, dass seine Mitarbeiter nicht monatelang vergeblich am Bebaungsplan gearbeitet haben.

brun

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