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Berlin: Irritationen der ehrlichen Haut

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Grauen. Die Partei kämpft um den Ruf

Sie sind genervt, bemühen sich aber um Haltung: Die Politiker der Partei „Die Grauen“ spüren dieser Tage zum ersten Mal, wie es sich anfühlt, von einem Parteispendenskandal betroffen zu sein – und das, obwohl sie ehrliches und offenes Finanzgebaren zum Programm gemacht haben. Seit ein paar Wochen ermittelt die Wuppertaler Staatsanwaltschaft – dort befindet sich die Zentrale der Partei – wegen mutmaßlichen Spendenbetrugs bei den Grauen. Richtig wütend ist der Bundesvorsitzende und Berliner Landeschef Norbert Raeder erst seit diesem Montag: Der Wirt, der im Wahlkampf mit Reinickendorfer Direktheit und einer markanten Vokuhila-Frisur auffiel, musste im „Spiegel“ lesen, die Partei sei „völlig verrückt“ und „zum Sammelbecken dubioser Politik-Chaoten“ geworden. Raeder will das nicht hinnehmen und plant juristische Schritte.

„100 Prozent Ehrlichkeit“ sei bei den Grauen noch immer angesagt. Deshalb habe die Partei auf der Internetseite ihren Kontostand veröffentlicht. Mit ihrer Mischung aus Protest und Engagement ist sie 2006 in acht Bezirksverordnetenversammlungen gewählt worden. Jetzt werde den Grauen „ins Gesicht gespuckt“, schimpft Raeder.

Dabei betreffen die Ermittlungen frühere Mitglieder der Partei – Raeder, der erst seit ein paar Wochen der Bundespartei vorsteht, muss nun mit der Sache umgehen. Gegen ihn, das bestätigt die Wuppertaler Staatsanwaltschaft, wird nicht ermittelt. Sollte aber der Nachweis gelingen, dass fünf oder sechs Leute angebliche Spenden auf die Konten der Grauen geleitet haben, um staatliche Förderung zu bekommen, müsste die ganze Partei mit den Folgen leben und vermutlich eine hohe Strafe zahlen.

Davon aber sehen sich die aktiven Grauen noch weit entfernt. Zwar komme es vor, dass andere „mit dem Finger auf uns zeigen“, sagt der Reinickendorfer Graue Michael Schulz. Doch man lasse sich in der Arbeit nicht beeinträchtigen. Erst am Freitag habe man in der Bezirksverordnetenversammlung 34 kleine Anfragen eingereicht. In anderen Bezirken sehen die Grauen-Politiker die Sache ähnlich: Man werde gefragt, was los sei mit der Partei, doch glaubten einem die Leute auch, dass gerade die Grauen den Skandal dringend aufgeklärt sehen wollen. Parteiaustritte gebe es nicht. In Neukölln etwa, so der Graue Dirk Schumacher, verzeichnete man jüngst drei Zugänge. wvb.

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