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Islam: Berlin bekommt eine Schule für Imame

Hier aufgewachsene Muslime sind zunehmend frustriert von Import-Predigern. Deshalb will ein Verein in Karlshorst jetzt ein Ausbildungszentrum für Geistliche eröffnen, die in Deutschland sozialisiert sind und auf deutsch predigen können.

Sie sind Muslime, in Berlin aufgewachsen, und sie sind es leid, in den Moscheen von Imamen aus dem Ausland belehrt zu werden. Deshalb wollen die rund 300 Mitglieder des muslimischen Vereins „Institut Buhara“ künftig selbst Imame ausbilden – und zwar in Berlin, in Karlshorst. „Der Import von Imamen aus dem Ausland ist sehr unglücklich“, sagt Ayhan Cosgun, der zweite Vorsitzende des Vereins. Es wäre besser, findet er, wenn die Geistlichen hier sozialisiert wären und deutsch sprechen und auf Deutsch predigen könnten.

Immer mehr junge Muslime, die in Deutschland aufwuchsen, sind unzufrieden mit den aus dem Ausland importierten Imamen, die ihnen für ihr Leben in Deutschland wenig mitgeben können. Viele hoffen deshalb, dass an den deutschen Universitäten bald nicht mehr nur christliche Theologen, sondern auch islamische Geistliche ausgebildet werden. Doch bislang gibt es diese Möglichkeit nur an der Universität Münster. Die Muslimische Akademie und der Berliner Senat versuchen gerade, Berlins Imamen in einem einjährigen Fortbildungskurs Deutschlanderfahrung zu vermitteln. Auch dies ist nur ein erster Anfang.

Auch die Pläne des Berliner Vereins „Institut Buhara“ scheinen noch nicht ganz ausgereift zu sein. Aber der feste Wille ist da. Der Verein ist ein Zusammenschluss aus 284 mehrheitlich sunnitischen Berliner Muslimen. Einige stehen der Semerkant-Moschee in Tiergarten nahe, die von der Lehre des Sufismus geprägt ist. Der Vereinsname „Buhara“ deutet auf eine Stadt im heutigen Usbekistan hin, eine der Städte, in denen die islamische Mystik ihren Ursprung hat.

Vor vier Jahren hat der Verein „Institut Buhara“ das ehemalige DDR-Kulturhaus der Eisenbahner zwischen den S-Bahnhöfen Betriebsbahnhof Rummelsburg und Karlshorst gekauft und in ein Bildungszentrum mit Seminarräumen, Übernachtungsmöglichkeiten und Platz für Ausstellungen und Festlichkeiten umgebaut. In den größten Saal sollen einmal 160 Personen passen.

Im Februar soll die Schule öffnen. Der sechsjährige Lehrgang, unterteilt in Grund- und Hauptstudium, ist für 68 Imam-Schüler konzipiert. Nach Auskunft von Ayhan Cosgun handelt es sich um eine Zusatzausbildung, die Studenten anderer Fachrichtungen, Berufstätige, aber auch Schüler mit Einverständnis ihrer Eltern absolvieren können. Details des Lehrplans konnte der zweite Vereinsvorsitzende aber auf Anhieb nicht angeben. Auch nicht, woher das Geld für die neue Schule kommt und ob Schulgeld verlangt wird. Auch ob die Ausbildung von einer der islamischen Rechtsschulen offiziell anerkannt wird, bleibt offen.

Im Schulkonzept ist von vier ehrenamtlichen, „ausreichend qualifizierten und hochmotivierten“ Lehrern die Rede, die Islamwissenschaften, europäische Geschichte und Kultur, Politik und deutsche Sprache vermitteln sollen. Das Geld komme von privaten Sponsoren. Die Absicht sei, „Geistliche zu produzieren, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sind und die Problemstellungen der Gesellschaft, in der sie tätig sind, begreifen können“. Sie sollen die Landessprache beherrschen und mit Behörden kommunizieren können.

Im Lichtenberger Bezirksamt wusste am Dienstag niemand Genaueres über den Verein „Institut Buhara“ zu berichten. Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linke) habe noch keinen Kontakt zu dem Verein aufgenommen, sagte die Behördensprecherin. Ein Termin für ein Treffen soll aber in den nächsten Tagen vereinbart werden.

Der Bürgerverein Karlshorst will Ende Januar über die neuen Nachbarn informieren. Viele Karlshorster würden sich fragen, wer die Männer sind, die im früheren Eisenbahner-Kulturhaus ein und aus gehen. In den nächsten Wochen muss sich der Bürgerverein aber erst einmal selbst erkundigen. Genaueres wusste auch hier am Dienstag niemand. Claudia Keller

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