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Berlin: Islam-Unterricht: 25 Jahre diskutiert – ohne Ergebnis

Seit 1980 gab es Forderungen nach religiöser Unterweisung für muslimische Schüler. CDU und SPD blieben aber untätig

Islamunterricht an Schulen? In dieser Frage tritt Berlin seit 25 Jahren auf der Stelle. Die jüngste Forderung von Bildungssenator Klaus Böger (SPD), Islamlehrer an Berliner Universitäten auszubilden, wurde in ähnlicher Form bereits 1980 öffentlich diskutiert. Ebenso alt ist die Kritik an den Koranschulen.

Am 5. März 1980 berichtete der Tagesspiegel, der SPD-geführte Berliner Senat sorge sich wegen des Einflusses „radikaler und nationalistischer Gruppierungen“ auf die Koranschulen. Als zeitgleich ein Verbot der Koranschulen gefordert wurde, schlug der damalige CDU-Vize Karl-Heinz Schmitz vor, man solle den Koran-Lehrern die Möglichkeit geben, in den Schulen zu unterrichten anstatt die Koranschulen zu verbieten, die häufig „absolut unzureichend untergebracht seien und keinesfalls den Bedürfnissen der türkischen Mitbürger“ entsprächen.

Nach dem Regierungsantritt der CDU ein Jahr später, waren diese Ideen schnell vergessen. Anstatt die Koranlehrer an die Schulen zu holen, oder – wie in Bayern – ein staatliches Fach „Islam“ zu begründen, lieferte sich Berlin eine 20 Jahre währende Klageschlacht mit der Islamischen Föderation, die an die Schulen drängte.

Ansonsten tat sich nichts – nur die Koranschulen expandierten: Es wurde weder ein Ausbildungsgang für Islamlehrer geschaffen noch ein staatliches Fach Islam oder Islamkunde konzipiert. CDU und SPD blockierten gleichermaßen alle Versuche von türkischer Seite, der steigenden Zahl muslimischer Schüler einen seriösen Religionsunterricht anzubieten.

Das änderte sich erst unter Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Sie ließ 1998 auf Anraten des Türkischen Bundes ein Konzept für ein neutrales Fach „Islamkunde“ erarbeiten. Anlass war die Besorgnis über den sich abzeichnenden Erfolg der Islamischen Föderation vor Gericht. „Die Vorbereitungen für das neue Fach waren schon weit gediehen“, sagte Stahmer gestern auf Anfrage. Dann aber wurde Klaus Böger ihr Nachfolger, und der wollte von Islamkunde nichts wissen, weil er ein Wahlpflichtmodell mit konfessionellem Islamunterricht favorisierte. Während er – vergeblich – eine Mehrheit für sein Modell suchte, vergingen weitere fünf Jahre, in der keine Islamlehrer ausgebildet wurden. Inzwischen besuchen rund 5500 Kinder Koranschulen, weitere 4000 den Unterricht der Föderation. 50 000 muslimische Schüler haben gar keinen Islamunterricht.

Das jahrzehntelange Warten war „definitiv ein Versäumnis“, gab CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer gestern zu.

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