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Berlin: Israelische Sicherheitsbeamte heimlich ausgeflogen

BERLIN .Die drei Sicherheitsbeamten des israelischen Generalkonsulats haben Deutschland nach Informationen des Tagesspiegels bereits verlassen.

BERLIN .Die drei Sicherheitsbeamten des israelischen Generalkonsulats haben Deutschland nach Informationen des Tagesspiegels bereits verlassen.Dies geschah, wie es gestern in Jerusalem hieß, aus Furcht vor kurdischen Racheakten.Unter ihnen sind auch die beiden, die für die Todesschüsse in dem Konsulatsgebäude verantwortlich sind.Ihr Abflug aus Berlin war gestern nach amtlichen Angaben weder dem Auswärtigen Amt in Bonn noch der Senatskanzlei oder der Staatsanwaltschaft bekannt.Bei der Justiz hieß es lediglich, die "beteiligten" Mitarbeiter des Konsulats seien am Donnerstag vernommen worden.Das Auswärtige Amt erklärte, die beiden Schützen genössen die konsularische Amts-Immunität.

Auch gestern hüllten die Behörden sich in Schweigen über die näheren Umstände der Todesschüsse.Justizsprecherin Michaela Blume teilte nur mit, das Generalkonsulat habe sich kooperativ gezeigt, die deutschen Behörden hätten die "Tatortarbeit" aufgenommen.Auch das dritte kurdische Todesopfer ist inzwischen identifiziert.Es handelt sich um eine 18jährige Frau.Gegen 29 Kurden wurden Haftbefehle erlassen.Von diesen wurden, was nicht unüblich ist, 14 unter Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Außenamtssprecher Martin Erdmann erklärte dem Tagesspiegel, nach einer "vorläufigen Prüfung" durch das Ministerium gebe es keine Anhaltspunkte dafür, daß die Sicherheitsbeamten bei ihrer Schießerei schuldhaft gehandelt hätten.Eine endgültige Bewertung sei allerdings Sache der Berliner Justiz.Zugleich wies Erdmann daraufhin, daß die Sicherheitsleute "volle Amts-Immunität" nach dem Wiener Konsular-Übereinkommen von 1961 genössen.Dies bedeutet, daß sie für amtliche Handlungen von der deutschen Justiz nicht verfolgt werden können.Dies ist offenbar der rechtliche und diplomatische Hintergrund für die Nachrichtensperre bei deutschen Behörden.

Wie weit diese Amts-Immunität geht, hat der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung 1990 deutlich gemacht, nachdem deutsche Behörden rechtswidrig die Telefone des türkischen Generalkonsulats in Hamburg angezapft hatten."Im Völkerrecht ist die Unverletzlichkeit der konsularischen Räume tief verwurzelt", hat der BGH erklärt.Ausnahmen gelten nur bei Feuer oder anderen Unglücksfällen, die sofortige Schutzmaßnahmen erfordern.Der Gaststaat hat die Konsulatsräume überdies "vor jedem Eindringen zu schützen".

Die Immunität der dort Beschäftigten erstreckt sich auf alle Handlungen, "die in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben vorgenommen worden sind".Im Zeifel gelte die Immunität immer, "wenn das Handeln des Konsuls oder seiner Beamten mit ihrer dienstlichen Betätigung noch irgendwie in einem inneren Zusammenhang steht".Bei Mißbrauch kann der Gaststaat Konsularbeamte allerdings ohne Angaben von Gründen zur persona non grata erklären.

SPD: "Werthebach hat versagt"

ULRICH ZAWATKA-GERLACH

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Georg Lorenz, hat gegen Innensenator Eckart Werthebach und die Polizeiführung massive Vorwürfe erhoben."Beim vorbeugenden Schutz des israelischen und griechischen Generalkonsulats haben der Senator und die Polizei versagt", sagte Lorenz dem Tagesspiegel.Die CDU stellte sich hinter ihren Senator, forderte eine Verschärfung des Ausländer- und Polizeirechts und die Einführung von Distanzwaffen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky warf den Sozialdemokraten außerdem "traditionelle Sympathie mit den kurdischen Separatisten" vor.Hätte die politische Linke einschließlich der SPD in der Vergangenheit nicht stets "ihre schützende Hand über diese revolutionären Gruppierungen und ihre Mitglieder gehalten, wäre das Gefahrenpotantial heute sicher kleiner."

Mit dem PKK-Sturm auf das Konsulat wird sich das Abgeordnetenhaus am nächsten Donnerstag befassen.Die Anwesenheit des Innensenators ist allerdings noch nicht sichergestellt, denn am Donnerstag treffen sich die Innenminister des Bundes und der Länder zum gleichen Thema.Bevor Anträge gestellt oder andere parlamentarische Initiativen auf den Weg gebracht werden, wollen die Fraktionen die Innenausschußsitzung am Montag abwarten.Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast urteilte aber schon gestern: "Werthebach mag ein guter Kofferträger und Verwalter sein, aber politisch ist dieser Oberbürokrat überfordert."

Im Mittelpunkt der Ausschußsitzung werden der Polizeieinsatz und dessen zeitlicher Ablauf, die möglicherwiese unzureichende Sicherung des Gebäudes und der Schußwaffengebrauch der israelischen Sicherheitskräfte im Konsulat sowie deren diplomatischer Status stehen.Der SPD-Sicherheitsexperte Lorenz sagte, ein ehemaliger Nachrichtendienstler wie Werthebach hätte erkennen müssen, daß bestimmte Einrichtungen besonders gefährdet seien: "Da haben die verantwortlichen Leute gepennt."

Die CDU sieht "nicht die geringste Veranlassung", den Polizeieinsatz zu kritisieren.Bei 129 als gefährdet eingestuften Gebäuden hätte die gesamte Polizei zum Objektschutz abkommandiert werden müssen, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Roland Gewalt.Außerdem müsse überlegt werden, ob gegen extrem militante Gewalttäter nicht auch Distanzwaffen (Gummigeschosse) eingesetzt werden sollten.

HANS TOEPPEN

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