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Berlin: Italien wählt: Der Incontri-Chef hätte Berlusconi gewählt

Wenn in Berlin lebende Italiener zusammenkommen, reden sie nicht über die Parlamentswahlen am Sonntag, sagt Mario Tamponi, Journalist und Inhaber des Restaurants Incontri. Seine Landsleute fragten eher "Wie geht es weiter mit Schumi und Ferrari?

Wenn in Berlin lebende Italiener zusammenkommen, reden sie nicht über die Parlamentswahlen am Sonntag, sagt Mario Tamponi, Journalist und Inhaber des Restaurants Incontri. Seine Landsleute fragten eher "Wie geht es weiter mit Schumi und Ferrari?" als "Berlusconi oder Rutelli?" Auch die harte Arbeit als Pizzabäcker lasse den meisten hiesigen Italienern kaum Zeit für Politik, ergänzt Gianfranco Ceccanei. Der Politologe und Volkshochschul-Dozent hat in Berlin Auslandswahlkampf für seine Partei, die Linksdemokraten, gemacht. Ceccanei ist am Freitag nach Nago-Torbole am Gardasee gefahren, um sein Kreuzchen zu machen. Seine Partei unterstützt den grünen Ex-Bürgermeister von Rom, Francesco Rutelli. Wählen dürfen die Italiener nur in Italien. Eine Briefwahlinitiative für Auslandsitaliener wurde vom Parlament noch nicht behandelt.

Rund 12 000 italienische Staatsangehörige leben in Berlin. Diese Gemeinschaft, sagt Giorgio Novello, Presse- und Kulturattaché der Botschaft Italiens, sei genauso vielfältig wie in der Heimat: vom Eisverkäufer bis zum Kunsthistoriker.

Incontri-Wirt Mario Tamponi ist wegen der fehlenden Briefwahl-Möglichkeit zum Protest-Nichtwähler geworden. Seit 30 Jahren lebt er in Berlin und ebenso lange wartet er auf das Briefwahlrecht. Trotzdem sei er oft zum Wählen in seine Heimat gereist, sagt der Sarde, zuletzt vor vier Jahren. Tamponi verfolgte den Streit um das neue Wahlgesetz von Berlin aus. Nur drei von 19 Incontri-Mitarbeitern haben Wahlurlaub genommen.

Der Chef hätte Berlusconi gewählt. "Ich bin aber nicht rechts, sondern weiterhin progressiv", betont Tamponi. Der Unternehmer Berlusconi bringe Erfolg und Erfahrung in Wirtschaft und Politik mit und wisse, "wie Italien gesteuert werden sollte". Eine Gefahr für die italienische Demokratie stelle Berlusconi nicht dar.

Paola Albarella, Italienisch-Lektorin an der Freien Universität, sieht das ganz anders. Der bisherigen Linksregierung wirft sie vor, nicht verhindert zu haben, dass Berlusconi als Medienmonopolist überhaupt kandidieren dürfe. Trotzdem hätte sie die Linksdemokraten gewählt. "Aber als arbeitende Frau und Mutter hat man weder Geld noch Zeit, mal eben nach Italien zu fahren", sagt Albarella. Consuelo Galvani, Geschäftsführerin des Italien-Zentrums der FU, hofft, "dass die italienischen Wähler zwischen Wahlkampfparolen und sachlichen Inhalten unterscheiden können."

Mit dem Eisverkäufer in der Potsdamer Straße, Ecke Kurfürstenstraße ein Interview zur bevorstehenden Wahl zu machen, ist dagegen unmöglich. Trauben eishungriger Einheimischer und Touristen belagern seinen Stand. Zwischen "drei Kugeln Zitroneneis" und "ein Spaghettieis mit viel Sauce" kann der junge Mann nur sagen: "Keine Zeit für Politik. Es ist warm, ich muss jetzt viel Eis verkaufen."

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