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Der Mietendeckel spaltet die Berliner - und auch die Rechtsexperten.

© Paul Zinken/dpa

Ungenaue Sprache, ungewollte Nebeneffekte: Die Mängel des Mietendeckels

Juristen besprechen im Abgeordnetenhaus die Probleme, die es beim Mietendeckel noch gibt. Sie sind sich auch uneins, ob er verfassungskonform ist.

Von Ronja Ringelstein

Die Abgeordneten im Berliner Parlament müssen noch mal ran ans Berliner Mietendeckel-Gesetz, so viel ist klar. Am Mittwoch fand im Ausschuss für Stadtentwicklung eine Anhörung statt, in der sich Juristen zum neuen Gesetz zur Mietenbegrenzung äußerten.

„Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es vom Senat eingebracht wurde. Ich gehe daher davon aus, dass wir juristisch an der ein und anderen Stelle den Entwurf des Gesetzes nachjustieren werden, um die Chance für ein verfassungsgemäßes Gesetz zu erhöhen“, sagte Sven Kohlmeier, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion dem Tagesspiegel im Anschluss.

Diese Nebeneffekte kann der Mietendeckel haben

Die angehörten Juristen hatten allesamt angemerkt, dass das Gesetz sprachliche Ungenauigkeiten enthalte, die ausgebessert werden sollten. Änderungsbedarf sehen sie etwa bei der Härtefallregelung oder in der Begründung der Rückwirkung auf den Stichtag 18. Juni dieses Jahres, an dem der Senat den Mietendeckel beschlossen hatte.

Um die nach diesem Datum noch eilig vorgenommene Mieterhöhungen von Vermietern abzuwenden, soll das Gesetz dorthin zurückwirken, auch wenn es voraussichtlich erst Anfang 2020 in Kraft treten wird. „Ich sehe nach der Anhörung auch Klarstellungsbedarf zur Regelung der Erhöhung auf Mietobergrenzen für bisher redliche Vermieter und welche Rechtsqualität der Verwaltungsakt auf Absenkung hat sowie zum Verbot von Umgehungstatbeständen“, sagte Kohlmeier.

Auf die „Umgehungstatbestände“ hatte Rechtsprofessor Christoph U. Schmid von der Universität Bremen in der Anhörung hingewiesen. Erfahrungen mit ähnlichen Regulierungen etwa in Schweden oder den Niederlanden hätten unerwünschte Nebenwirkungen gezeigt: „Vorteile für Bestandsmieter, Nachteile für Wohnungssuchende.“ Folge von Umgehungsstrategien könne etwa sein, dass ausgerechnet weniger preiswerte Wohnungen angeboten würden. Zum einen, weil Mieter diese preiswerten Wohnungen trotz Auszug nicht aufgeben und – gegebenenfalls illegal – untervermieten.

Zum anderen, weil Vermieter leerer Wohnungen erst einmal abwarten, was genau auf dem Markt passiert. Auch mehr Eigenbedarfskündigungen und hohe Schwarzgeldzahlungen an Vermieter seien zu erwarten.

Sollte der Mietendeckel in der Form kommen, wird es vermehrt WG-Zimmer geben, die zu vermieten sind. Wenn eine Wohnung WG-tauglich ist, könnte man auch die Zimmer einzeln als WG-Zimmer vermieten. Da ist kein Deckel drauf und die Nachfrage ist hoch.

schreibt NutzerIn minmax

Die Rechtsexperten sind sich nicht einig

„Man braucht also eine aktive, wachsame Verwaltung, die solchen Missständen begegnet“, sagte Schmid. Er schlug die Einrichtung einer Clearingstelle vor, bei der Mieter Verstöße anonym melden können. Denn die Erfahrung in anderen Staaten sei: „Wer den Mund aufmacht, wird aus seiner Wohnung rausgekündigt oder herausgedrängt.“
Drei der sechs Juristen meinen, dass Berlin nicht die Gesetzgebungskompetenz habe, um das privatrechtliche Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter zu regeln. Denn dies sei durch das Bundesgesetzbuch und dem darin enthaltenen Mietrecht Bundesangelegenheit. Die anderen drei betonten, dass das Land das „Wohnungswesen“ sehr wohl regeln dürfe.
Stadtentwicklungssenatorin Kathrin Lompscher (Linke) verbucht die Anhörung als Erfolg. Sie sagte, es sei bemerkenswert, „dass wir alle über das Wie diskutieren und nicht über das Ob.“ Auch Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion, sah in den Stellungnahmen, auch der drei Kritiker, dass weder Geeignetheit, noch Erforderlichkeit des Gesetzes in Frage gestellt wurden. (mit dpa)

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