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Berlin: Jahrestag des Mauerbaus: Am Checkpoint erinnert die CDU an die Mauer

Pöbelnde Demonstranten in Eierwurf-Weite wie beim Wahlkampfauftakt der Union am Alex wollte die CDU am Sonntag auf ihrer Kundgebung zum 40. Jahrestag des Mauerbaus am Checkpoint Charlie unbedingt vermeiden.

Von Sabine Beikler

Pöbelnde Demonstranten in Eierwurf-Weite wie beim Wahlkampfauftakt der Union am Alex wollte die CDU am Sonntag auf ihrer Kundgebung zum 40. Jahrestag des Mauerbaus am Checkpoint Charlie unbedingt vermeiden. Deshalb dürfen nur diejenigen die Absperrung an der Schützenstraße / Ecke Friedrichstraße passieren, die eine Einladung der Union vorzeigen können. Günter Arndt ist einer davon. Er kommt aus Prenzlau und ist Mitglied im Landesvorstand der Vereinigung der Opfer des Stalinismus. Die "Superkommunisten hätte man alle nach der Wende rausschmeißen und in der Taiga ansiedeln sollen", sagt er. "Gewendet sind die heute, aber nicht gewandelt."

Zum Thema Online Spezial: 40 Jahre Mauerbau Fotostrecke: Die Mauer in Bildern An diesem Tag überkommt ihn ein Gefühl der Genugtuung, dass die "Schandmauer" verschwunden ist. Auch andere CDU-Ortsverbände, eigens aus Westdeutschland angereist, halten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. "SPD + PDS + Grüne = Zukunft und Wohlstand adé" steht zum Beispiel auf einem Plakat, das Mitglieder des CDU-Kreises Steinfurt nahe der Bühne hochhalten.

Das "Volk" dagegen bleibt gute 50 Meter von der Bühne entfernt, die Blicke auf die Großbildleinwand gerichtet: Der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel neben dem Berliner CDU-Landeschef Eberhard Diepgen, der Berliner CDU-Spitzenkandidat und Fraktionschef Frank Steffel neben seinem Bundes-Kollegen Friedrich Merz. Auf der anderen Seite des Rednerpults steht Angela Merkel Seite an Seite mit CSU-Chef Edmund Stoiber und ganz rechts CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer.

Während der Reden von Merkel und Stoiber johlt ein Grüppchen von Gegendemonstranten in der Menge, skandiert "Hoch die Internationale Solidarität" und "Stoiber raus". Auf der einen Seite der Absperrung werden Plakate mit "Bleiberecht für Flüchtlinge" gezeigt, auf der anderen Seite hält die Berliner Schüler Union mit Transparenten "Berlin - Nie wieder rotes Unrecht" oder "Dr. Frank Steffel - kein linkes Spiel, sondern Ehrlichkeit" dagegen.

Steffel, "Der Mann, dem die Frauen vertrauen", wie ein Plakat der jungen Union-Anhänger verrät, hält die Hauptrede. Es ist Wahlkampf, und seine Botschaft ist klar: Er will verhindern, dass die "Partei der Mauerbauer und des Schießbefehls" bestimmenden Einfluss in Berlin bekommt, dass "unser aller Hauptstadt" in die Hände "jener zerstörerischen Kräfte zurückfällt". Steffels Kritik an die SPD ist deutlich: Eine PDS-Regierungsbeteiligung sei ein "unanständiger Verrat an den Grundlagen der Sozialdemokratie".

Eberhard Diepgen, braungebrannt und offensichtlich gut erholt, soll den "Abrunder", wie ein CDU-Mann sagt, der Veranstaltung geben. Seine Rede aber peitscht ein, sie ist das i-Tüpfelchen der Kundgebung. Diepgen spricht vom "Vermächtnis" der Mauer, von denjenigen, die "mit falschen Konzepten Geschichte bestimmen wollen". Eine Innere Einheit mit der PDS und Gregor Gysi? "Nein Danke, nein Danke", wiederholt er und erntet viel Beifall. "Steht auf und wehrt Euch gegen die PDS." Für Diepgen hat das auch etwas mit "Einigkeit und Recht und Freiheit" zu tun. Dann ertönt die Nationalhymne.

Der Berliner CDU-Fraktionschef Frank Steffel begann seine Rede mit der Schilderung eigener Kindheitserinnerungen an die Mauer. Er bezeichnete die Mauer als die "in Beton gegossene Menschenverachtung des Sozialismus". Gerade in Berlin habe der Sozialismus "seine häßliche Fratze" gezeigt. Die Bewohner im Ost- und Westteil der Stadt hätten zwar in den Jahrzehnten gelernt, mit der Mauer zu leben. Doch: "Wir hatten uns zurecht gefunden, aber nicht abgefunden." Es sei die SPD gewesen, die "um die Zeit vor der Wiedervereinigung" für die Erhaltung von zwei Staaten in Deutschland eingetreten war. Weder Bundeskanzler Schröder noch der damalige Regierende Bürgermeister Walter Momper hätten an die Wiedervereinigung geglaubt. Die Erinnnerungen an die Mauer würden durch einen möglichen "Richtungswechsel" in der Stadt überschattet. Steffel bezeichnete eine Regierungsbeteiligung der PDS als "peinlichen Verrat an den Grundlagen der Sozialen Demokratie". Er bezichtigte die PDS "zahlloser Geschichtslügen aus machtpolitischem Kalkül". Ohne die PDS wäre der "Weg zur Inneren Einheit" schon wesentlich weiter vollzogen. Die Sozialisten hätten das Gegeneinander "geschürt" und sich erneut einen Alleinvertretungsanspruch angemaßt. Die SED habe die Mauer zweimal gebaut: "Vor 40 Jahren aus Beton und Stacheldraht - und seit zwölf Jahren aus Vorurteilen und Misstrauen, aus dialektischen Verdrehungen und dreisten Geschichtslügen." Der Geist der Mauerbauer sei noch nicht verschwunden. Eine Regierungsbeteiligung der PDS nach den Neuwahlen wäre "eine Verhöhnung und Demütigung für die Hinterbliebenen und Geschädigten des SED-Regimes".

Berlin war und ist Symbol für das Drama, aber auch für das Trauma der Teilung Deutschlands", sagte der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber. Er erinnerte auch an die frühere 400 Kilometer lange "Todesgrenze" zwischen Bayern, Thüringen und Sachsen. Durch die Wiedervereinigung habe man in Ost und West das Bewusstsein einer gemeinsamen Geschichte wiedererlangt. "Wir sind Deutsche, und wir gehören zusammen." Die Mauer war eine "blutende Wunde Deutschlands", die Opfer blieben unvergessen. Es müsse klar sein, wer dafür die Verantwortung trägt. Die PDS sei heute die alte, sozialistische SED mit neuem Anstrich. Sie habe sich nicht vom SED-Gedankengut gelöst. "Wer mit der PDS koaliert, der paktiert mit dem Sozialismus der SED." Machtwille gelte bei der SPD-Führung offenbar mehr als demokratische Grundrechte.

Berlin ist frei, Berlin muss frei bleiben", begann Parteichefin Angela Merkel ihren Redebeitrag. Sie dankte vor allem den Alliierten, die sich für die Freiheit der Stadt eingesetzt hatten. Die Teilung einer Stadt und eines Landes durch eine Mauer dürfe sich nie wiederholen. Die CDU-Parteichefin bezeichnete es als "sehr komisch, das Leute wie Höppner Diskussionen anzetteln", in denen die Frage gestellt wird, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen war. "Dass sie es war, daran besteht kein Zweifel." Die Sozialdemokraten müssten jetzt "den Mut haben, ihrer Partei zu sagen, dass sie auf dem Irrweg ist, wenn sie mit der PDS zusammenarbeitet". Es sei ihr überdies "egal", ob sich die PDS entschuldigt: "Solange die PDS Kritik am demokratischen System übt, hat sie jedes Recht auf Politikgestaltung in Berlin verwirkt."

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