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Den stärksten Zuspruch findet Schwarz-Gelb-Grün in den Bezirken im Südwesten der Stadt.

© Tagesspiegel

Jamaika in Berlin: Schwarz-Gelb-Grüner Südwesten

Wer hat eigentlich Schwarz-Gelb-Grün gewählt? In Berlin vor allem der wohlhabende Teil des Westens. Ein besonderer Blick auf die Stadt.

Jamaika ist eine Insel, die weit im Westen liegt. Das gilt sowohl welt- als auch bundesweit. In Berlin liegt Jamaika ebenfalls im Westen, ist aber ein auf die südliche Stadthalbkugel konzentrierter Archipel mit ein paar weiter nördlich gelegenen kleineren Inseln. Das zeigt ein Blick auf den vom Tagesspiegel-Data- Team erstellten Stadtplan. Er illustriert, in welchen Kiezen am Sonntag die Mehrheit für Schwarz-Gelb-Grün gestimmt hat.

Eine vergleichbare Karte für die gesamte Bundesrepublik hat der „Spiegel“ erstellt. Die zeigt einen Bogen, der sich von Schleswig-Holstein zunächst über ganz Niedersachsen zieht. In NRW wird er dünn, weil die Jamaika-Mehrheit dort nur im äußersten Westen steht. Stabiler wird wieder der Süden mit Rheinland-Pfalz, Teilen von Hessen sowie Baden-Württemberg und fast ganz Bayern. Was den Schwarzen in den Städten des Südwestens fehlt, machen die Grünen wett. Und im Osten Deutschlands liegen die Berliner Hochburgen wie winzige Inseln im blassblauen Ozean.

Grüne Inseln bilden noch kein Jamaika

Berlin tickt in dieser Hinsicht zwar ähnlich, aber doch etwas anders als der Westen Deutschlands. Wesentlicher Unterschied: Wo die Grünen besonders stark sind, etwa in Friedrichshain-Kreuzberg, dem südlichen Prenzlauer Berg und Nordneukölln, gab es für CDU und FDP am Sonntag meist relativ wenig zu holen. Aber grüne Inseln bilden allein noch kein Jamaika, sondern allenfalls ein Biotop.

Zusammengenommen haben Schwarze, Gelbe und Grüne in 525 der 2439 Berliner Wahlbezirke mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen (einschließlich Briefwahl) erhalten. Den Rekord hält mit 77,9 Prozent der Wahlbezirk 607 in Dahlem. Ein detaillierter Blick auf Abstimmungsergebnis zeigt, dass die FDP mit 27 Prozent dort gar nicht allzu weit hinter der CDU liegt, die rund 39 Prozent der Stimmen holte.

Im Nachbarkiez, dessen Wähler zu demselben Abstimmungslokal nahe der Domäne Dahlem gerufen waren, lag die FDP noch dichter hinter der CDU – mit 30 zu 35 Prozent. Ohne Briefwähler hätten die Liberalen sogar die meisten Stimmen erhalten. Das gelang ihnen nur in einem einzigen weiteren Wahllokal – in der Auerbacher Straße in Grunewald.

Fast 75 Prozent im Südwesten pro Jamaika

Der schwarz-gelbe Erfolg des Spitzenstimmbezirks legt nahe, dass für die Grünen dort nicht mehr viel übrig geblieben ist. Doch mit knapp zwölf Prozent liegen sie zwar unter ihrem Berliner Durchschnittsergebnis, aber allemal über dem bundesweiten Mittel. Dieses Phänomen gilt für die gesamten Top Ten der jamaikawilligen Stimmbezirke. Deren Ergebnis im Durchschnitt lautet: 38 Prozent für die CDU, 26,1 Prozent für die FDP – und 10,6 Prozent für die Grünen. Macht zusammen ein Mittel von 74,7 Prozent pro Jamaika.

Und wo genau? Fünf der Top-Ten- Kieze liegen im südlichen Wilmersdorf, also Grunewald. Drei befinden sich in der direkten südlichen Nachbarschaft, also Dahlem. Ein weiterer liegt in Zehlendorf zwischen Spanischer Allee und dem Schlachtensee. Und einer – mit 72,5 Prozent auf Platz neun der Jamaika-Hitliste – ganz im Norden um den Sigismundkorso in Frohnau. Dieser Außenposten unterscheidet sich von Süd-Jamaika im Wesentlichen vom mit 17,5 Prozent relativ schwachen FDP-Ergebnis.

Bemerkenswert an der Liste ist, dass sie auch bei Verlängerung als Top 20, 30 oder 40 in den genannten Stadtteilen bliebe. Allesamt wohlhabende Villenviertel, wo die Autos groß, die Hecken hoch und viele Häuser auf Google Streetview verpixelt sind. Ähnliches hat der „Spiegel“ für seine Jamaika-Deutschlandkarte ermittelt: Die betroffenen Gegenden seien wohlhabender als der bundesdeutsche Durchschnitt, die Arbeitslosigkeit geringer, der Anteil der Christen höher.

Jamaika ist punktuell auch in östlichen Bezirken stark

Und, das zeigt die Karte im Jahr 27 seit der Wiedervereinigung auch für Berlin: Jamaika ist eine West-Veranstaltung. Punktuell ist das Bündnis zwar auch in den östlichen Bezirken stark – aber nur in jenen, in denen seit der Wende besonders viele Wohnungen neu gebaut oder Altbauten saniert worden sind wie auf der Halbinsel Stralau, an der Rummelsburger Bucht und da, wo Mitte kaum spürbar in Prenzlauer Berg übergeht. Also in jenen Kiezen, in denen der Osten sich anfühlt wie der Westen.

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