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Berlin: Jeder vierte Berliner hat ausländische Wurzeln Viele Bürger aus EU-Staaten ziehen in die Stadt

Aus Südost-Europa kommen Sinti und Roma.

Die Berliner Einwohnerschaft ist im vergangenen Jahr noch internationaler geworden. Dem Statistischen Landesamt zufolge lebten Ende Juni hier 486 709 Menschen mit einer anderen als der deutschen Staatsangehörigkeit. Das waren 20 655 mehr als im Juni 2011 – ein Plus von 4,4 Prozent. Auch der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund ist größer geworden. Er liegt bei 924 400 Menschen oder 26,9 Prozent aller Einwohner Berlins. Zu der Gruppe gehören Deutsche mit Migrationshintergrund und Ausländer. Insgesamt sind in Berlin 185 Staatsangehörigkeiten vertreten.

Den Statistikern sind zwei Entwicklungen aufgefallen. Besonders viele Menschen sind aus Spanien (plus 22 Prozent), aus Rumänien (plus 33,7 Prozent) und aus Bulgarien (plus 27,2 Prozent nach Berlin gezogen (siehe Tabelle). Deutliche Zuwächse waren auch aus den EU-Mitgliedsstaaten Italien und Griechenland zu verzeichnen. Insgesamt leben 173 326 Menschen mit Staatsangehörigkeiten der EU in Berlin und 184 261 Menschen aus dem sonstigen Europa. Deren größte Gruppe sind die Türken mit 101975 Menschen.

Die Entwicklung lässt politische Schlüsse zu. Dass vor allem aus Spanien vergleichsweise viele Zuwanderer gekommen sind, führen die Migrationsfachleute der Grünen und der CDU auf die Wirtschaftskrise zurück. Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram weiß, dass relativ viele Ingenieure aus Spanien und auch Ärzte aus Griechenland gekommen sind. Sie vermutet, dass „wirtschaftliche Sorge“ über die Entwicklung in ihren Heimatländern diese Menschen bewegt. Die Leute kämen, um hier zu arbeiten, sie machten Sprachkurse, um sich rasch integrieren zu können. So wie viele Handwerker von Deutschland in die Schweiz zögen, weil sie dort bessere Möglichkeiten vermuten, kämen Teile der spanischen und griechischen Elite nach Berlin, weil sie hier ihre Zukunft sehen. Von den Italienern, deren Zahl um 10,4 Prozent zugenommen hat, weiß Bayram, dass viele „eine Auszeit von Italien genommen haben, weil sie Berlusconi nicht mehr ertragen haben“. Der CDU-Abgeordnete Burkard Dregger folgert aus der Zuwanderung aus EU-Mitgliedsstaaten, dass die europäische Integration vorankommt – und die Bundesregierung dabei auf dem richtigen Weg ist. Es sei „schön, dass junge Leute hier ihre Chancen finden“, meint Dregger.

Problematischer ist womöglich die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Bei den Rumänen handele es sich vor allem um Sinti und Roma, so Bayram – ein Trend, der wiederholt zu politischen Reibereien führte. Notwendig sei eine neue Beratungsstruktur, sagt die Grünen-Abgeordnete. Den Zuzug aus Bulgarien führt Bayram auf dessen Funktion als Transitland zurück. Bayram sagt, ein bulgarischer Pass sei relativ leicht zu bekommen. So verschaffen sich Menschen aus den nicht zur EU gehörenden Nachbarländern Bulgariens die scheinbar legalen Möglichkeiten, nach Berlin zu ziehen. Werner van Bebber

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