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Berlin: Jetzt geht’s um die Wurst

Die Tafelrunde testete dieses Mal grobe Bratwürste aus Berliner Fleischereien: Drei kamen in die Endrunde

Von Cordula Arend

Zu den Mirakeln des Berliner Einzelhandels zählt die besondere Freundlichkeit des Fleischerei-Personals, das sich wohltuend auf die geknickte Seele des Kunden auswirkt, der noch zuvor beim Bäcker um die Ecke mit zweifelhaften Schrippen und schroffer Behandlung abgefertigt wurde.

Grundsätzlich ist die Wurst das am meisten zivilisierte Produkt der Metzgerei, entfernt sie sich doch in ihrer Verarbeitung am weitesten vom frisch Geschlachteten. Meist werden Bauchlappen, Nacken, Backen, und Vorderhaxen des Schweins erst mariniert, dann grob gewolft, oft mit feinem Brät stabilisiert und in gewendete Därme gepresst. Im Verlauf dieses Prozesses öffnen sich Spielräume für zahlreiche Manipulationen. Vertrauen zum Fleischer hat also höchste Priorität. Am Beispiel der groben Bratwurst im Naturdarm machte die Tafelrunde besonders gelungene Exemplare ausfindig.

Vorsteher der Jury war diesmal Spitzenkoch Franz Raneburger, in dessen Restaurant „Bamberger Reiter“ die Würste zunächst roh geprüft, und anschließend bei gemächlicher Hitze in der Pfanne gebraten wurden. Eine Geschmacksergänzung wie Senf benötigt die Wurst von „Staroske“ nicht. Dieser Kandidat gibt sich als die Berlinischste aller Bratwürste zu erkennen: Tief schweinisch im Grund, umflort den festen Teig ein Gewürzstrauß aus Majoran, Thymian, Koriander- und Senfkörnern. An einen Volksfest-Besuch vor dreißig Jahren erinnert fühlte sich Franz Raneburger, als er in die grobe Bratwurst aus der „Fleischerei Obitz“ biss. Der Saft hinter der krausen Haut offenbarte einen sehr geschlossenen, von Kümmel und Majoran beherrschten Wohlgeschmack. Auch das Handwerkserzeugnis von „Bauer Lindner aus der Heide“ schmeichelte dem Gaumen. Der knorrige Landwirt drückt für seine Schinkenwurst einen Anteil Leber mit etwas Farce und krümelig durch die Scheibe gelassenes Fleisch in den Darm. Es entsteht eine magere Konsistenz, die zusätzlich von ganzen Senfkörnern gelockert wird. Um die Haltbarkeit dieses Werkstücks nach dem Auftauen zu erhöhen, kann man es in heißem Wasser ziehen lassen. Doch ungebrüht in Öl-Buttergemisch gebräunt, schmeckte es der Tafel am besten. Der heimliche Sieger des Tests stammt aber aus dem Keller der „Galeries Lafayette“.

Markanter noch als Entenbrust schmeckt die Entenbratwurst, besonders wenn dazu Orangenschale ins Bratfett gegeben wird.

„Bauer Lindner“, Schöneberg, Winterfeldtmarkt gegenüber Slumberland, (Mi u. Sa 8-14 Uhr) „Fleischerei Obitz“, Wilmersdorf, Ludwigkirchstr. 3 „Fleischerei Staroske“, Tiergarten, Potsdamer Str. 163

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