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Berlin: Jetzt macht der Enkel Theater

Generationswechsel zum 100. Geburtstag des Gründers: Martin Woelffer übernimmt die Leitung der beiden Ku’damm-Bühnen

Am Ende der Pressekonferenz saßen sie da und erzählten sich kichernd und prustend Anekdoten, Wolfgang Spier und Friedrich Schönfelder, Peer Schmidt, Curth Flatow und Brigitte Grothum, populäre Bühnenstars aus der hohen Zeit des alten West-Berlin. Sie waren ins „Theater am Kurfürstendamm“ gekommen, weil sie Hans Wölffer noch persönlich kannten, den großen Mann des leichten Theaters, der ihnen geholfen hat zu werden, was sie sind. Er ist 1979 gestorben; gestern hätte er seinen 100.Geburtstag gefeiert – und pünktlich zu diesem Termin übernahm Martin Woelffer, sein 40-jähriger Enkel, offiziell die Leitung des Theaters.

Die charakteristischste Anekdote ist reines West-Berlin: Sigrid KressmannZschach, die Architektin, wollte Hans Wölffer 1971 den Schlüssel zu seinem neuen Theater im Ku’damm-Karree übergeben, doch er überhörte das Stichwort und blieb in den Kulissen. „Er ist so klein und unscheinbar“, improvisierte sie, irritiert, über den Schlüssel. Da kam Wölffer doch, und alle fanden ihn mit diesen Worten ausgezeichnet porträtiert.

Die beiden Theater am Kurfürstendamm stammen aus den 20er Jahren. Aus einem Kinosaal wurde 1922 das „Kurfürstendamm-Theater“, 1924 gründete Max Reinhardt nebenan die „Komödie“. Wölffer, gelernter Operndirigent und Regisseur aus Schleswig, kam Ende der Zwanzigerjahre nach Berlin, weil ihn die Neugründung der Kroll-Oper lockte. Doch die jüdischen Eigner scheiterten, und Wölffer konnte unter diesen Vorzeichen kaum zu den staatlichen Bühnen zurück. So machte er sich notgedrungen zunächst mit dem Theater des Westens selbstständig und übernahm 1933 die beiden Ku’damm-Bühnen. 1942 wurde er enteignet, ein Jahr später brannten die Gebäude im Bombenhagel aus. Wölffer kam 1950 wieder nach Berlin, übernahm die provisorisch hergerichtete Komödie und ließ sie vollständig aufbauen; zur Premiere wurde Curt Goetz´ populäres „Haus in Montevideo“ gezeigt.

1962 wurde er auch wieder Direktor des Theaters am Kurfürstendamm, bis dahin Spielort der Freien Volksbühne. Später kam für einige Zeit das Theater des Westens hinzu, wo die legendäre Wölffer-Produktion „My Fair Lady“ mit Paul Hubschmid zu einem der größten Theatererfolge der Nachkriegszeit wurde.

Die beiden Boulevard-Theater blieben erfolgreich, auch wenn sie während der Blüte der politisierten Bühnen in den 70er-Jahren in den Feuilletons kaum noch beachtet wurden. Jürgen Wölffer, der Erbe seins Vaters, expandierte nach Hamburg ins Winterhuder Fährhaus und gründete 1996 die Dresdener „Komödie“. Immer noch erhält die Wölffer-Familie keinerlei Subventionen, muss mit dem Geld aus der Kasse sämtliche Kosten bestreiten – und die Zeiten sind härter geworden. Seit auch die staatlichen Theater den Komödiengast entdeckt hätten, kritisierte Martin Woelffer gestern, tobe ein „Konkurrenzkampf um das gleiche Publikum mit ungleichen Mitteln.“ Dies lasse die Zukunft seiner Theater auf „Messers Schneide“ stehen. Ein erster Erfolg wurde indessen errungen: Die Deutsche Bank, der das Ku’damm-Karree seit 2003 gehört, zeigte sich bei der vorher extrem hohen Miete konziliant. Der Haken liege allerdings in der verkürzten Kündigungsfrist: „Zwei Jahre Garantie“, sagte Woelffer, „mehr haben wir nicht.“

Der neue Chef (sein oe im Namen ist die familienhistorisch korrekte Schreibweise), hat das Programm der Bühnen bereits in den vergangenen Jahren behutsam reformiert. Seine „Comedian Harmonists“ waren mit über 600 Vorstellungen einer der größten Berliner Theatererfolge. Man spiele nicht nur „Schenkelklopf-Stücke“ mit knallenden Bühnentüren, sagte er, sondern plane auch anspruchsvolle Inszenierungen wie „Elling“ nach dem erfolgreichen norwegischen Film über zwei Freunde, die aus der Psychiatrie entlassen werden.

Das Erfolgsrezept der Bühnen wird aber auch künftig aus den passenden Stücken und einer guten, bekannten Besetzung bestehen. Weitere Produktionen beispielsweise mit Dirk Bach, Manon Straché und Bastian Pastewka sollen folgen. Der Comedy-Boom als Retter des unsubventionierten Privattheaters.. .

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