zum Hauptinhalt

Berlin: Jörg Königsdorf über eine kurze Berliner Opernwoche

Berlins Opernhäuser bekommen ihre Spielplanabstimmung offenbar immer noch nicht in den Griff: Da sind sie schon (oder: noch?) zu dritt, aber regelmäßig prangt das von der Kulturpolitik seit Jahren beanstandete "Keine Vorstellung" zeitgleich auf allen Programmübersichten.

Berlins Opernhäuser bekommen ihre Spielplanabstimmung offenbar immer noch nicht in den Griff: Da sind sie schon (oder: noch?) zu dritt, aber regelmäßig prangt das von der Kulturpolitik seit Jahren beanstandete "Keine Vorstellung" zeitgleich auf allen Programmübersichten. Vorzugsweise montags und dienstags bleibt der Vorhang meist unten und die Berlin-Besucher, die die Stadt und ihre Kultureinrichtungen lieber an einem Wochentag als im Wochenend-Gedrängel erleben wollen, gucken in die Röhre. Auch diesmal ist der Wochenanfang komplett spielfrei - Die Opernwoche dauert von Mittwoch bis Sonntag und beginnt mit Ponchiellis Historienschinken "La Gioconda" an der Deutschen Oper eher verhalten. Hauptattraktion des Stücks sind weniger die Sänger als die "Originalkulissen aus der Entstehungszeit des Werkes", die einen theaterhistorischen Einblick in die Opernpraxis um 1880 ermöglichen. Dass die Sänger in den alten Kulissen eigentlich nur herumstehen, stört da weitaus weniger als bei einer zum Durchreisetheater verwahrlosten Regietheater-Inszenierung. Wesentlich problematischer schienen bei der Wiederaufnahme in der letzten Woche das Dirigat und die Sängerbesetzung, wie oft an der Deutschen Oper ein Gemisch von unterschiedlich stilbewussten Gaststars und alten Ensemblemitgliedern, die Belcanto-Maßstäben nur noch sehr begrenzt gerecht werden können (29. 3.).

Besser, man wartet noch einen Tag und erlebt Neill Shicoff in Verdis "Maskenball". Shicoff ist vielleicht der beste Beweis dafür, wie blödsinnig der Mega-Hype um die "Drei Tenöre" ist. Denn ginge es allein um musikalische Qualität, müsste der New Yorker vermutlich noch über dem Triumvirat rangieren: Auch nach einem Vierteljahrhundert auf der Bühne macht Shicoff immer noch jede "Tosca" und jeden "Maskenball" zum Hochspannungs-Krimi, prunkt nicht nur mit makellosen hohen Cs, sondern singt immer mit Leib und Seele. Die Chancen auf einen hochklassigen Abend an der Deutschen Oper stehen da gut, zumal mit Michéle Crider als Amelia und Lado Ataneli als Renato auch in den übrigen Hauptrollen eine Top-Besetzung zur Verfügung steht. Ataneli stellt sich in dieser Spielzeit immer stärker als der größte Schatz im Ensemble der Deutschen Oper heraus - sein Scarpia in den letzten "Tosca"-Vorstellungen war schlechthin sensationell gesungen und außerdem ein dämonischer Fiesling - ganz wie es sein soll (26. und 30.3.).

Der "Maskenball" ragt freilich recht einsam aus dem Opernangebot der Woche heraus: Während die Komische Oper sich an vier vortellungsfreien Tagen auf ihre nächste Premiere, Puccinis "Manon Lescaut", vorbereitet, verdeutlicht die Repertoirevorstellung von Winfried Bauernfeindts berlinernden "Lustigen Weibern von Windsor" an der Deutschen Oper eher den Niedergang der Spielopernkultur (25. 3.). Eine magere Bilanz für die Opernhauptstadt, die nur durch die Ausgrabung von Giacomo Meyerbeers "Robert le diable" an der Staatsoper etwas geschönt wird. Die Inszenierung von Staatsopern-Intendant Georg Quander und das etwas zusammengewürfelte Sängerensemble konnten freilich eher auf die Qualität der Epoche machenden Grand Opéra hinweisen als deren Perspektive wirklich zu erfüllen (26. und 30. 3.).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false