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Journalistenschulung: Mit Sendungsbewusstsein

Die Medien in Deutschland brauchen mehr Journalisten mit Migrationshintergrund – das war eine zentrale Erkenntnis und Forderung der Integrationskonferenz von 2006. Nun startet das erste Ausbildungsangebot für Journalisten aus Einwandererfamilien.

Die Medien in Deutschland brauchen mehr Journalisten mit Migrationshintergrund – das war eine zentrale Erkenntnis und Forderung der Integrationskonferenz von 2006. Lediglich zwei Prozent der Medienmacher stammten aus Einwandererfamilien , hieß es damals.

Das will Nihat Sorgec, der Leiter des Bildungswerks Kreuzberg (BWK), jetzt mit einer „Crossmedialen Fortbildung für junge Migranten“ ändern. Diese erste Journalistenausbildung für Migrantenkinder unterscheidet sich von anderen Medienschulen: Die Nachwuchsjournalisten müssen aus Einwandererfamilien stammen und neben Deutsch fließend auch ihre Muttersprache beherrschen.

Seit sie 14 Jahre alt ist, will Melek Topkara Journalistin werden – am liebsten im Feuilleton, das liest sie gern, Politik ist nicht so ihr Ding. Auch ihre Deutschlehrer hatten sie dazu ermuntert. Melek zieht jeden Tag den Kulturteil aus der deutschen Tageszeitung, die für ihren Bruder im Briefkasten liegt. Liebesbriefe, Glückwünsche, Grußkarten – wegen ihres Schreibtalents wird sie häufig von Freunden und Bekannten gebeten, ein paar Zeilen zu verfassen, die gut klingen; genauso wie der Titelheld in Edmond Rostands berühmter Komödie „Cyrano de Bergerac“. Die 21-Jährige spielt gern die Edelfeder für andere. Doch die Tochter eines türkischen Ehepaars hatte nach der Schule bisher keine Idee, wie sie sich ihrem Traumberuf nähern könnte. Ihre Praktikumsbewerbungen waren erfolglos. Und in ihrem Umfeld gab es niemanden mit Erfahrungen aus dem Metier. Also hat die junge Deutschtürkin im vergangenen Jahr begonnen, Sozialarbeit zu studieren.

Jetzt hat Topkara von der Medien-Ausbildung für junge Leute aus Einwandererfamilien erfahren, die Ausschreibung des BWK klang wie Musik in ihren Ohren: Neun Monate lang soll den Teilnehmern in Seminaren beigebracht werden, wie sie gut schreiben, Radio- und Fernsehbeiträge produzieren können. Danach folgen sechs Monate Praktika, etwa beim ZDF, beim deutschtürkischen Radiosender Metropol FM oder bei Zeitungen. Eilig schickte Melek ihre Bewerbung ans BWK. Im August müssen die Interessenten an der Ausbildung in einer Prüfung ihr Talent beweisen, im September geht es los.

Sorgec sieht darin einen wichtigen gesellschaftlichen Schritt: „Wenn Redakteure, Moderatoren und Nachrichtensprecher mit Migrationshintergrund ganz selbstverständlich über allgemeine Themen berichten, ist das auch ein Signal an unsere Migranten, dass wir angekommen sind in der deutschen Gesellschaft.“

Für Melek Topkara ist die Ausbildung kein Politikum, sondern die Erfüllung eines langjährigen Traums. Um ihre Leidenschaft auszuleben, hat sie im Internetportal Facebook eine Gruppe zum kreativen Schreiben gegründet. „Wir machen Poetry Slams“, sagt Melek, „also Wettbewerbe, wer bessere Geschichten schreibt.“ Erfahrungen hat sie bei der islamischen Hilfsorganisation Islamic Relief gesammelt, wo sie als Schülerin in der Öffentlichkeitsarbeit jobbte. Doch eines Tages, so hofft sie, kann sie über die Berliner Theaterlandschaft berichten, statt über Verbandsnachrichten. Ihr Kopftuch, so hofft sie, schreckt ihre künftigen Arbeitgeber nicht ab. Ferda Ataman

Die Crossmediale Fortbildung startet im September, weitere Informationen unter www.bwk-berlin.de.

Ferda Ataman

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