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Berlin: Jubiläum mit sozialer Botschaft

Gestern feierte das Johannesstift 150. Geburtstag Zum Festakt in Mitte kam viel Prominenz

„Was wünschen Sie dem Johannesstift?“ Diese Frage stellte gestern Vormittag ein Kamerateam den Mitarbeitern, Besuchern und Bewohnern des Johannesstifts zum 150. Geburtstag der Einrichtung, die Johann Hinrich Wichern in Berlin-Spandau gegründet hatte. Heraus kamen lustige, liebenswerte und teils auch skurrile Glückwünsche: „Dass wir als Azubis hier so weitermachen können wie bisher“, „Gottes Segen“ und „weitere 150 Jahre“ waren nur einige der Ausblicke für die Zukunft. Beim Festakt im voll besetzten Maxim-Gorki-Theater in Mitte wurden sie dann dem geladenen Publikum auf einer Leinwand präsentiert.

Den guten Wünschen schlossen sich alle Festredner an. Das Maxim-GorkiTheater – ehemalige Singakademie zu Berlin und genau vor 150 Jahren Gründungsstätte für das evangelische Johannesstift – ließ gestern Vergangenheit und Gegenwart der diakonischen Einrichtung erstrahlen. Festredner waren nicht nur der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière, der Grüße der Bundeskanzlerin überbrachte. Auch Matthias Platzeck, Ministerpräsident Brandenburgs, war gekommen. „Ich bin sehr gerne hier in die größte märkische Stadt, hier nach Berlin, gekommen“, eröffnete Platzeck seine Danksagung und erntete dafür belustigten Applaus. Stiftsvorsteher Martin von Essen führte durch das Programm und erklärte, dass das Johannesstift nach der Wende auch in Oberhavel soziale Hilfsprojekte gründen konnte, mit denen sich Platzeck verbunden fühle.

Besonders gefreut hätte sich Wichern wahrscheinlich über die alten Lieder seiner komponierenden Frau Caroline, die Sopranistin Griseldis Klein auf der Bühne interpretierte. Doch weil das Johannesstift heute für 2000 Menschen eine der größten sozialen Einrichtungen mit Behinderten- und Jugendarbeit in Berlin ist, standen auch die Jungen und Kleinen im Vordergrund: Die Percussiongruppe „Drum attack“ mit Trommeln, Schlagzeug und Xylophon des Stiftes brachte den Theatersaal mit Samba-Rhythmen in Wallung. Der Jugendchor „Joy Singers Berlin“ der Stiftskantorei ließ Gospeljuwelen glänzen.

Bischof Wolfgang Huber erinnerte in seiner Rede nicht nur an das große Wirken des Theologen und Menschen Wichern, sondern auch an seine permanente Botschaft. „Lasst uns nicht lieben mit Worten, noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und der Wahrheit.“ Der Vers aus dem Johannesbrief wurde der Taufspruch des Stiftes und Wicherns Motto. Huber übertrug dieses Motto auf die heutige Gesellschaft und betonte, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer stärkere Risse mit sich bringe. „Der Protest gegen den Standesdünkel ist auch heute wichtig.“ Wichern hätte mit seinem Einsatz für sozial Schwache und Inhaftierte in einmaliger Weise die Volkskirche gelebt und mit der Verbindung von „Glaube und Liebe“ erfüllt. In der ersten Reihe verfolgte auch das Ehepaar Richard und Marianne von Weizsäcker die Festreden. Viele der 1900 Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer des Stiftes konnten wegen ihrer Arbeit nicht dabei sein.

„Jeder Tag zählt – das ist der Titel des Festes. Aber auch jede helfende Hand zählt – dafür herzlichen Dank“, sagte Wowereit. Bis September wird das Jubiläum noch mit mehreren Veranstaltungen und Vorträgen gefeiert. Liva Haensel

Infos zum Festjahr:

www.jeder-tag-zaehlt.info

Liva Haensel

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